Einleitung
§ 1. Die Grammatik und ihre Aufgaben. Die Grammatik befaßt sich mit dem Sprachbau. Sie ist eine Sammlung von Regeln für die Beugung der Wörter und ihre Zusammenfügung zum Satz.
Die Grammatik besteht aus zwei Hauptteilen, aus der Morphologie (Formenlehre) und der Syntax (Satzlehre).
Die Morphologie ist die grammatische Lehre vom Wort. Sie befaßt sich mit den Wortarten (Redeteilen), mit ihren Eigenschaften und grammatischen Kategorien, mit den Formen und dem Bau der Wörter.
Die Syntax ist die grammatische Lehre vom Satz. Sie enthält die Regeln, nach denen die Wörter zur Wortgruppe und zum Satz verbunden werden. Die Syntax betrachtet die Wörter als Bestandteile eines Satzes, d. h. als Satzglieder. Außerdem befaßt sie sich mit den Satzarten und den Arten der Verbindung der einzelnen Satzteile miteinander.
Die beiden Hauptteile der Grammatik, die Morphologie und die Syntax, sind aufs engste miteinander verbunden; denn der Sprachbau stellt ein einheitliches System dar: die Wortarten treten im Satz als Satzglieder auf; die Beziehungen zwischen den Satzgliedern sind oft durch die morphologische Form der entsprechenden Wörter gekennzeichnet. So tritt z. B. ein Substantiv im Genitiv (morphologische Form) meist als Attribut eines anderen Substantivs auf (syntaktische Funktion); ein Substantiv im Akkusativ ist meist ein direktes Objekt usw. Die Kongruenz als eine Art der syntaktischen Verbindung setzt das Vorhandensein mehrerer morphologischer Formen ein und desselben Wortes voraus; vgl.: ein großer Garten, ein großes Haus, eine große Insel; ich lese, du liest, wir lesen.
§ 2. Die grammatische Bedeutung und die grammatische Form. Die Grammatik hat es mit den grammatischen Formen der Wörter und Sätze und mit der grammatischen Bedeutung dieser Formen zu tun. Die grammatische Form und die grammatische Bedeutung bilden eine Einheit; das eine ist ohne das andere nicht denkbar. Jede grammatische Bedeutung ist durch eine bestimmte grammatische Form gekennzeichnet. Zur Bildung grammatischer Formen gibt es verschiedene sprachliche Mittel: Endungen, Suffixe, Präfixe, Wortstellung, Tonfall usw. So äußert sich z. B. die grammatische Bedeutung des Kasus in der entsprechenden grammatischen Form des Wortes bzw. der Wortgruppe: der Tisch des Tisches; die kleine Schwester der kleinen Schwester usw. Die grammatische Bedeutung der Person, der Zeit usw. wird durch die Personalform des Verbs ausgedrückt: (ich) komme, (er) kam, (er) käme; (wir) arbeiten, (du) arbeitest usw.
Der semantische Inhalt des Wortes (in den angeführten Beispielen sind es Substantive und Verben) bleibt unverändert. Die grammatische Bedeutung jedoch verändert sich mit der Veränderung der grammatischen Form.
Die grammatische Bedeutung der einzelnen Satzarten findet ihren Ausdruck ebenfalls in einer bestimmten grammatischen (syntaktischen) Form. So ist der Aussagesatz, der Fragesatz und der Befehlssatz jeder durch seine eigene Wortstellung und seinen besonderen Tonfall gekennzeichnet (zuweilen auch durch den Tonfall allein).
Vgl.: Sie kommen am Abend. (Aussagesatz)
Kommen Sie am Abend? (Ergänzungsfrage)
Sie kommen am Abend? (Bestätigungsfrage)
Kommen Sie am Abend! (Aufforderungssatz)
Die Wortstellung spielt eine entscheidende Rolle auch in den Sätzen, in denen Subjekt und Prädikativ durch ein Substantiv im Nominativ ausgedrückt sind.
Die deutsche Arbeiterbewegung ist die Erbin der deutschen klassischen Philosophie. (F. Engels)
Die grammatische Bedeutung und die grammatische Form bilden zusammen die grammatische (morphologische bzw. syntaktische) Kategorie.
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