Артефакт

Kapitel X. Der zusammengesetzte Satz

§ 311. Unter einem zusammengesetzten Satz versteht man einen Satz, der aus zwei und mehr Teilen besteht, von denen jeder seinem Bau nach Ähnlichkeit mit einem einfachen Satz aufweist. Diese Ähnlichkeit äußert sich vor allen Dingen im Vorhandensein beider Hauptglieder des Satzes, des Subjekts und des Prädikats.

Der zusammengesetzte Satz kann von zweierlei Art sein: 1) die Satzverbindung (Satzreihe, Parataxe) und 2) das Satzgefüge (Hypotaxe). Der Unterschied zwischen diesen beiden Satzarten tritt bereits in ihrem Bau klar zutage. Die Bestandteile einer Satzverbindung weisen den gleichen Bau auf.

Walter... wollte etwas sagen, aber er brachte kein Wort hervor. Er wollte weggehen, aber seine Beine gehorchten ihm nicht. (W. Bredel)

In einem Satzgefüge dagegen unterscheiden sich die einzelnen Teile in ihrem Bau voneinander.

Da es spät geworden war, gingen sie sofort schlafen. (W. Bredel)

Im ersten Satz nimmt das finite Verb die Endstellung ein.

Anmerkung. Manche Grammatiken (vgl.: Грамматика русского языка. Издательство Академии Наук СССР. Москва, 1954) unterscheiden noch eine dritte Art der zusammengesetzten Sätze, die weder zur Satzverbindung noch zum Satzgefüge gezählt werden: die asyndetisch (konjunktionslos) verbundenen zusammengesetzten Sätze. Die einzelnen Teile solch eines Satzganzen sind durch kein Bindemittel verknüpft; sie werden durch den Satzton sowie inhaltlich zusammengehalten.

Der Unterschied zwischen, einer Satzverbindung und einem Satzgefüge fußt nicht nur und nicht so sehr auf dem äußeren, dem formalen Merkmal, als vielmehr auf dem Wesen des logischen Verhältnisses zwischen den einzelnen Bestandteilen.

Die Teile einer Satzverbindung zeichnen sich durch bedeutend größere Selbständigkeit aus als die Teile eines Satzgefüges.

Die Satzverbindung

§ 312. Die Bestandteile einer Satzverbindung sind grammatisch gleichwertig; diese Art der Verbindung nennt man die Beiordnung (Koordination). Die Beiordnung kann durch verschiedene sprachliche Mittel ausgedrückt werden. Eines dayon ist der Satzton. Er faßt die einzelnen Teile zu einem Satzganzen zusammen. Besonders große Bedeutung gewinnt der Satzton, wenn andere sprachliche Mittel der Beiordnung fehlen. In diesem Fall spricht man von der asyndetischen (konjunktionslosen) Verbindung.

Tatsächlich ging vorhin auf der gegenüberliegenden Straßenseite niemand, der ganze Verkehr spilte sich auf dieser Seite ab. (W. Bredel)

Das Wasser glitzerte, der Jasmin atmete seinen scharfen, schwülen Duft, die Vögel zwitscherten rings umher in den Bäumen... (Th. Mann)

Unter ihm, im Hause ging alles zur Ruh, die Nacht verrann, er fühlte es nicht. (Th. Storm)

Außer dem Satzton können bei der asyndetischen Beiordnung als zusätzliche sprachliche Mittel Pronomen, Pronominaladverbien und Adverbien mit hinweisender Bedeutung auftreten.

Zum ersten Male seit Jahren sah ich einen Sonnenaufgang, der wird mir unvergeßlich sein. (R. Leonhard)

Das Wasser rauscht’, das Wasser schwoll, | Ein Fischer saß daran... (J. W. Goethe)

...er saß am liebsten in der Werkstatt bei dem lahmen Nadler; er spürte dort irgend etwas, was es sonst auf dem Hof nicht gab... (A. Seghers)

Das wichtigste Mittel der Beiordnung sind die beiordnenden (koordinierenden) Konjunktionen: und, aber, doch, denn u. a. Diese Art der Verbindung heißt die syndetische Beiordnung.

Der Garten lag in vollem Mondlicht, und auf den weiß leuchtenden Kieswegen gingen die Gäste plaudernd und rauchend umher. (Th. Mann)

Jemand grüßte ihn, aber er sah es nicht... (Th. Mann)

Als Bindemittel treten oft auch Adverbien mit temporaler, adversativer oder konsekutiver Bedeutung auf: dann, darauf, dagegen, hingegen, deshalb, daher u. a. Zum Unterschied von den beiordnenden Konjunktionen behalten sie ihre Funktion als Adverbialbestimmung bei. An die Spitze des Satzes gesetzt, bewirken sie stets die invertierte Wortfolge.

Frieda Brenten wollte niemanden kränken oder verärgern, deshalb sprach sie oft den Menschen nach dem Mund (W. Bredel)

Er zögerte nur einige Sekunden, dann antwortete er leise... (W. Bredel)

Anmerkung. Zwischen Konjunktionen und anderen Bindemitteln läßt sich zuweilen keine scharfe Grenze ziehen (vgl. § 205).

§ 313. Beigeordnet können auch Nebensätze sein. Das sind Nebensätze derselben Art, die sich auf den gleichen Hauptsatz beziehen. Solche Nebensätze können miteinander asyndetisch oder mit Hilfe beiordnender Konjunktionen verbunden werden. Die unterordnende Konjunktion kann dabei jeden der beigeordneten Nebensätze einleiten oder nach einmaligem Gebrauch auch ausbleiben.

Daß er sich sofort an die Arbeit machte und daß sie ihm gut gelang, gefiel seinen neuen Kameraden. (A. Seghers)

Doch an dem Abend, als man zum erstenmal die Häftlingsbaracke einheizte und das Kleinholz verbrannt war,... fühlten wir uns dem Leben näher... (A. Seghers)

Das Relativpronomen dagegen wird in jedem der beigeordneten Nebensätze gebraucht.

Die Möglichkeit, vermittels der gesellschaftlichen Produktion allen Gesellschaftsgliedern eine Existenz zu sichern, die nicht nur materiell vollkommen ausreichend ist und von Tag zu Tag reicher wird, sondern die ihnen auch die vollständige freie Ausbildung und Betätigung ihrer körperlichen und geistigen Anlagen garantiert, diese Möglichkeit ist jetzt zum ersten Male da... (F. Engels)

Wen Klemm mit seinem Geld unterstützte, wen er in seinem Haus empfing, das war ihnen wohlbekannter als den französischen Polizeiagenten. (A. Seghers)

§ 314. Nach dem logischen Verhältnis zwischen den Sätzen unterscheidet man folgende Arten der Beiordnung: 1) die kopulative (anreihende), 2) die adversative (entgegenstellende), 3) die kausale (begründende) und 4) die konsekutive (folgernde) Beiordnung. Innerhalb jeder dieser Arten der Beiordnung kann die Verbindung zwischen den Sätzen asyndetisch und syndetisch sein.

§ 315. Die kopulative Beiordnung verbindet zwei Sätze, von denen der zweite an den ersten einfach angeknüpft wird. Dabei kann die zeitliche Übereinstimmung oder die Aufeinanderfolge der Vorgänge ausgedrückt werden; der zweite Satz kann auch eine Verstärkung, eine Ergänzung oder Erklärung des Inhalts des ersten Satzes enthalten, oder aber die beiden Sätze behandeln einen Vorgang, eine Erscheinung von verschiedenen Seiten.

Es war still, Gras wuchs zwischen dem Pflaster, Abfälle lagen umher. (Th. Mann)

Die Luft ist kühl, und es dunkelt... (H. Heine)

Er drückte uns den Koffer in die Hand, und wir gingen nach Hause. (I. Thälmann)

„Ich soll dir da was bringen“, sagte sie, „außerdem soll ich dir sagen: du mußt morgen um halb sechs an der Anlegestelle in Mainz sein...“ (A. Seghers)

Zum Ausdruck der kopulativen Beiordnung dienen die Konjunktionen und Adverbien: und, auch, nicht nur... sondern auch, weder... noch, bald... bald, teils... teils, dann, darauf, indessen, ferner, endlich, einerseits, anderseits (andererseits), dazu, zudem, außerdem u. a. Die Konjunktion und übt keinen Einfluß auf die Wortfolge aus.

Frau Hardekopf holte die Rüscher, und die Frauen machten in der Küche einen kleinen Kaffeeklatsch. (W. Bredel)

Die Vögel zwitscherten in den Büschen, und über die Felder daher kam ein milder Wind. (Th. Mann)

Die übrigen Konjunktionen und die Adverbien bewirken die Inversion.

Weder hatten die Religionskriege ihren Ursprung im Glauben, noch machten sie die Menschen frommer. (H. Mann)

...einerseits wollte er hart und kraftvoll sein, andererseits hatte er Angst vor dem Urteilsspruch des großen Arztes... (R. Leonhard)

Einen Augenblick stand sie mit gesenktem Kopf und zusammengezogenen Brauen in ihrem Zimmer, dann nahm sie rasch entschlossen den schweren Mantel... (B. Uhse)

Nach sondern bzw. sondern auch ist im zweiten Satz die Wortfolge meist die gerade.

Der Schneefall hatte nicht nur aufgehört, sondern der Schleier an dem Himmel fing auch an, sich zu verdünnen. (A. Stifter)

Die „konkrete Bestimmtheit des Gegenständlichen“ ist für Thomas Mann nicht nur ein ästhetisches Schaffensprinzip, sondern auch die Wahrheit ist für ihn nur zu erfassen und zu verwirklichen in ihrer Konkretheit. (J. R. Becher)

Außer den Konjunktionen und und auch können die anderen Konjunktionen und die Adverbien nicht nur die Anfangsstellung einnehmen, sondern auch mitten im Satz stehen. Bei den mehrteiligen Konjunktionen gilt das meist nur für den ersten Teil.

Die Menschen in der Straße hatten nicht nur verdrossene Gesichter gemacht, wie in der ganzen letzten Zeit, sondern Haß und Wut hatte in ihren Mienen gestanden. (W. Bredel)

Salis Herz klopfte bald wie mit Hämmern, bald stand es still... (G. Keller)

Nur des Nachts hat die Begegnung fremder Schiffe auf dem Meer etwas Unheimliches; man will sich dann einbilden, die besten Freunde... führen schweigend vorbei... (H. Heine)

§ 316. Die adversative Beiordnung verbindet zwei Sätze, von denen der zweite dem ersten entgegengestelt wird. Dabei kann der zweite Satz den Inhalt des ersten einschränken oder ihn völlig widerlegen.

Walter Brenten war frei, aber er führte das Dasein eines Gefangenen. (W. Bredel)

An seinen freien Abenden gingen sie ins Theater oder in Konzerte, oder aber sie verlebten in ihrem Atelier einen schönen Abend. (W. Bredel)

Das Mädchen sprang klagend darnach, allein der Knabe fing die Puppe zuerst wieder auf... (G. Keller)

Zum Ausdruck der adversativen Beiordnung dienen die Konjunktionen und Adverbien aber, oder, allein, doch, jedoch, dennoch, indessen, trotzdem, sondern, entweder... oder, dagegen, hingegen, dessenungeachtet, sonst u. a.

Die Konjunktionen aber und allein beeinflussen die Wortfolge des Satzes nicht, nach der Konjunktion oder und meist auch nach sondern kommt die gerade Wortfolge.

Es war spät, aber noch standen die Reste des Frühstücks auf dem Tisch. (L. Feuchtwanger)

Er zog die bewußte schöne Klingelschnur, aber es blieb totenstill in der Wohnung. (G. Keller)

Wilhelm verzweifelte nun fast an seiner Rolle, allein Serlo half ihm wieder auf, indem er ihm über das Einzelne die feinsten Bemerkungen mitteilte... (J. W. Goethe)

Die Botschaft hör’ ich wohl, | allein mir fehlt der Glaube. (J. W. Goethe)

„Laß das Kind los!“ schrie er wie ein Rasender, oder einer von uns bleibt hier auf der Stelle.“ (J. W. Goethe)

...Ich habe niemals geantwortet, sondern ich sagte stets: „Bitte, gehen Sie zu meiner Mutti...“ (I. Thälmann)

Nach den Konjunktionen doch und jedoch schwankt die Wortfolge: teils bleibt sie unbeeinflußt durch die beiden Konjunktionen, teils bewirken sie die Inversion. Nach der Konjunktion entweder hat der Satz meist die invertierte Wortfolge.

Oskar widersprach nicht; doch blieb sein Gesicht nach wie vor ungläubig. (L. Feuchtwanger)

Am Rande des Mühlenkamp angelangt, wollen beide den Platz überqueren, doch drei Männer stellen sich ihnen in den Weg. (W. Bredel)

Die Bäuerin spürte einen zunehmenden Drang, ihm etwas Kräftigendes zu bringen, jedoch wurde sie daran gehindert durch ihren Bruder... (B. Brecht)

„...Die eigene Mutter... wiederholte nur: »Entweder meldest du dich auf der Stelle freiwillig oder du kommst mir nicht mehr unter die Augen!«“ (J. R. Becher)

Die übrigen Konjunktionen und die Adverbien bewirken stets die Inversion.

Dann und wann ging ein Bäckerjunge vorüber, sonst war niemand zu sehen. (Th. Mann)

Sie hatte die Fenster ihrer Wohnung weit geöffnet, dennoch gab es kaum Durchzug. (W. Bredel)

Die Konjunktionen oder, allein, doch und sondern stehen im Satz stets an der Spitze. Die übrigen Konjunktionen und die Adverbien können auch mitten im Satz stehen.

Abend für Abend saßen Carl und sie in der Wohnstube, hörten gemeinsam Rundfunksendungen, oder Pauline mit ihren nimmermüden Augen las vor... (W. Bredel)

Der sommersprossige Pilot wollte sich schweigend zum Gehen wenden, doch zögerte er dann, blieb noch einmal stehen. (B. Uhse)

„Wer ist der Herr der Karawane?“ fragte der Reiter. „Sie gehört nicht einem Herrn“, antwortete der Gefragte, „sondern es sind mehrere Kaufleute, die von Mekka in ihre Heimat ziehen...“ (W. Hauff)

„Halbheiten sind ein Ausdruck der Schwäche, in unserer Lage aber sind sie Verbrechen.“ (W. Bredel)

Vierundsiebzig Jahre alt war... Foullon; in diesem Augenblick jedoch fühlte er sich jung. (W. Bredel)

Sie konnte über ihre Zeit verfügen; er hingegen hatte nach der Redaktionsarbeit noch zahlreiche Verpflichtungen... (W. Bredel)

§ 317. Die kausale Beiordnung verbindet zwei Sätze, von denen der zweite eine Begründung des Vorgangs im ersten Satz enthält.

Marcel zuckte erschrocken zusammen, der Mensch hinter ihm hatte sein Handgelenk gepackt. (W. Bredel)

Die Vernehmung war nur kurz, denn Walter Brenten lehnte ab, irgendwelche Aussagen zu machen. (W. Bredel)

Zum Ausdruck der kausalen Beiordnung dienen die Konjunktionen denn und nämlich.

Die Konjunktion denn nimmt im Satz stets die Anfangsstellung ein und übt keinen Einfluß auf die Wortfolge aus.

Nach diesem Geschäfte ging ich noch auf dem Brocken spazieren; denn ganz dunkel wird es dort nie. (H. Heine)

Dieser Frau wegen seufzte er, denn sie tat ihm leid. (B. Balazs)

Die Konjunktion nämlich steht mitten im Satz und kann deshalb die Wortfolge nicht beeinflussen.

„Wahrhaftig, ich habe noch nie soviel geredet; ich kann nämlich gar nicht reden.“ (W. Bredel)

..."Du brauchst es nicht zu bereuen, ich bin nämlich ganz anders geworden...“ (J. R. Becher)

§ 318. Die konsekutive Beiordnung verbindet zwei Sätze, von denen der zweite die Folge aus dem vorher Gesagten enthält.

Feck hielt den Strick bereit, im Nu hatte er Hartinger die Hände zusammengeschnürt. (J. R. Becher)

Es ist zu spät geworden, darum hab’ ich bei Feck übernachtet. (J. R. Becher)

Zum Ausdruck der konsekutiven Beiordnung dienen die Konjunktionen und Adverbien also, folglich, demnach, somit, daher, darum, deshalb, deswegen u. a. Sie alle bewirken im Satz die Inversion; unbeeinflußt bleibt die Wortstellung nur, wenn die Konjunktionen und Adverbien mitten im Satzstehen.

Die Gesellschaft bestand meistens aus Hallensern, und Halle wurde daher Hauptgegenstand der Unterhaltung. (H. Heine)

Die Partei hatte eine Genossin zu ihnen geschickt, also war sie bei ihnen zu Hause... (B. Balazs)

Xavers Ziehharmonika hatte es mir angetan, darum war mir das von den Eltern anbefohlene Violinspiel zuwider... (J. R. Becher)

Frieda Brenten wollte niemanden kränken oder verärgern, deshalb sprach sie oft den Menschen nach dem Mund. (W. Bredel)

§ 319. Die Wortfolge in beigeordneten Sätzen (Zusammenfassung).

1. Die Konjunktionen und, denn, allein, aber haben keinen Einfluß auf die Wortfolge.

2. Nach oder und meist auch nach sondern hat der Satz die gerade Wortfolge.

3. Wenn die Adverbien (dann, darauf, endlich, daher, darum, deshalb, deswegen u. a.) die Anfangsstellung im Satz einnehmen, so bewirken sie die Inversion.

4. Nach den Konjunktionen entweder, doch und jedoch schwankt die Wortfolge: bald bleibt sie unverändert, bald bewirken diese Konjunktionen die Inversion.

§ 320. Die Stellung der beiordnenden Konjunktionen (Zusammenfassung).

1. Die Konjunktionen und, denn, doch, allein, oder, sondern, noch (in weder... noch) stehen immer an der Spitze des Satzes.

2. Die Konjunktionen aber, auch, jedoch und die Adverbien können sowohl am Anfang als auch mitten im Satz stehen.

3. Der erste Teil der Konjunktionen nicht nur... sondern auch, teils... teils, bald... bald steht meist an der Spitze und der zweite Teil stets nur an der Spitze des Satzes.

4. Die kausale Konjunktion nämlich steht immer mitten im Satz.

Das Satzgefüge

§ 321. Unter einem Satzgefüge versteht man einen zusammengesetzten Satz, dessen Teile grammatisch nicht gleichwertig sind: ein Satz ist dem anderen untergeordnet. Der übergeordnete Satz heißt der Hauptsatz, der ihm grammatisch untergeordnete Satz der Nebensatz.

Man muß erarbeiten, was man haben will. (F. C. Weiskopf)

Die Teile eines Satzgefüges sind grammatisch und auch inhaltlich enger miteinander verknüpft als die Teile einer Satzverbindung. In manchen Fällen ist selbst der Hauptsatz als ein semantisch mehr oder weniger abgeschlossener Satz ohne den Nebensatz undenkbar.

Je tiefer wir hinabstiegen, desto lieblicher rauschte das unterirdische Gewässer... (H. Heine)

„Wer die Republik begründen und festigen will, darf dem Volk so wenig Rechte als möglich nehmen...“ (W. Bredel)

Oskar wußte nicht, wie er sich verhalten sollte. (L. Feuchtwanger)

Zuweilen aber ist die Verbindung, zwischen Haupt- und Nebensatz weniger eng; solch ein Satzgefüge kommt, namentlichinhaltlich, einer Satzverbindung nahe.

In der bürgerlichen Gesellschaft ist das Kapital selbständig und persönlich, während das tätige Individuum unselbständig und unpersönlich ist. (K. Marx/ F. Engels)

Janko unternahm einen langen Spaziergang, wozu er sich nur selten aufraffen konnte. (B. Kellermann)

Die grammatische Unterordnung setzt durchaus nicht immer voraus, daß ein Nebensatz auch semantisch weniger wichtig für den Gesamtinhalt ist. Zuweilen ist das Gegenteil der Fall.

Es tritt hiermit offen hervor, daß die Bourgeoisie unfähig ist, noch länger die herrschende Klasse der Gesellschaft zu bleiben... (K. Marx/F. Engels)

Ein Nebensatz kann nicht nur einem Hauptsatz, sondern auch einem andern Nebensatz untergeordnet werden. Solch einen Nebensatz bezeichnet man als Nebensatz zweiten Grades. Ist einem Nebensatz zweiten Grades wiederum ein Nebensatz untergeordnet, so ist es ein Nebensatz dritten Grades usw.

Oskar erinnerte sich, wie einmal der Vater mit ihm und Hannsjörg, als sie noch Knaben waren, eine Ferienreise unternommen hatte. (L. Feuchtwanger)

Wenn man zum Warten verurteilt ist, zu einem echten Warten auf Leben und Tod, von dem man im voraus nicht wissen kann, wie es ausgeht, und wie lange es dauert, Stunden oder Tage, dann ergreift man gegen die Zeit die seltsamsten Maßnahmen. (A. Seghers)

§ 322. Die Unterordnung kann durch folgende sprachliche Mittel ausgedrückt werden: 1) einleitende Wörter, 2) Wortfolge, 3) Satzton. Nicht jeder Nebensatz wird durch alle drei Mittel der Unterordnung gekennzeichnet. Ein Nebensatz kann asyndetisch mit dem Hauptsatz verbunden werden; es kommt auch vor, daß ein Nebensatz die Wortfolge eines selbständigen Satzes aufweist. Ein besonderer Satzton, der die einzelnen Teile des Satzgefüges lautlich zu einem Satzganzen vereinigt, ist einem Satzgefüge (wie auch sonst einem beliebigen Satz) stets eigen. Die einzelnen Sätze innerhalb eines Satzgefüges werden im steigenden Tonfall gesprochen, der letzte Satz bzw. der Schlußteil des Satzgefüges, hat den fallenden Tonfall. (Beispiele siehe oben.)

§ 323. Der Nebensatz wird durch unterordnende (subordinierende) Konjunktionen (daß, da, weil, wenn u. a.) sowie durch Relativpronomen (der, welcher, wer, was u. a.) und Relativadverbien (woran, wo, wohin u. a.) eingeleitet. (Über den Unterschied zwischen den Konjunktionen und den Relativpronomen bzw. Relativadverbien s. § 206.)

Die einleitenden Wörter stehen im Nebensatz an der Spitze. Den Relativpronomen kann jedoch eine Präposition vorausgehen.

Der Nachmittag war noch hell und warm, als er ins Dorf radelte. (A. Seghers)

Wo der Feldweg in die Wiesbadener Chaussee einmündete, stand ein Selterwasserhäuschen. (A. Seghers)

Von Hof zu Hof bewegt sich der Zug der Bauern und der Regierungsvertreter, unter denen sich auch der Ministerpräsident und der Innenminister befinden. (W. Bredel)

§ 324. Die Verbindung zwischen den Sätzen eines Satzgefüges kann nicht nur durch die Konjunktion im untergeordneten Satz, sondern auch noch durch ein hinweisendes Wort im übergeordneten Satz erfolgen. Dieses hinweisende nennt man das Korrelat (Deutewort, Hinweiswort).

Das Korrelat weist auf den untergeordneten Satz voraus oder zurück. Als Korrelat treten auf:

1. Demonstrativpronomen: es, das, der, derjenige, solcher u. a.;

Es ist ein Glück, daß es dir endlich gelungen ist, hier anzukommen.“ (A. Seghers)

Daß es Reiche und Arme gab, das hatte der arme Handwerker wahrhaftig schon gewußt, seit er denken konnte. (W. Joho)

2. Pronominaladverbien: dafür, darüber, dadurch, daraus, damit u. a.;

Die Zunftordnungen sorgten dafür, daß der Geselle von heute in den Meister von morgen überging. (F. Engels)

Martin dachte darüber nach, ob er dem Mädchen erzählen sollte, was mit Erwin geschehen war. (A. Seghers)

3. hinweisende Adverbien: da, hier, dorthin, dort, dahin, jetzt u. a.;

„Ich rede nicht mehr mit Kimpel-Fritz. Wo er spielt, da spiel’ ich nicht, und wo ich spiel’, da spielt er nicht.“ (E. Strittmatter)

„Ich wollte dich nur davor bewahren, daß man dich dahin bringt, woher du kommst, Genösse.“ (F. Erpenbeck)

4. Partikeln: zu, so u. a.

Sie war zu weit entfernt, als daß sie ihn erkennen konnte... (B. Kellermann)

Sein Herz pochte so stark, daß er sich festhalten mußte. (B. Kellermann)

§ 325. Ein wichtiges Merkmal der Unterordnung ist in: Deutschen die Wortfolge im Nebensatz. Sie unterscheidet sich wesentlich von der Wortfolge in einem selbständigen Satz (sowohl der geraden als auch der invertierten) und wird durch die Endstellung des finiten Verbs gekennzeichnet.

Da Reinhard wider seine Gewohnheit nicht antwortete, so wandte sie sich um. (Th. Storni)

Kein Wort des Vorwurfs traf sie, obgleich sie sich um zwanzig Minuten verspätet hatten. (W. Bredel)

Sie gingen den Strand entlang, ganz unten am Wasser, dort wo der Sand von der Flut benetzt, geglättet und gehärtet ist, so daß man mühelos gehen kann... (Th. Mann)

Bei Verben mit sich kommt nur das finite Verb selbst am Ende des Satzes zu stehen. Sich verändert seine Stellung nicht und steht somit am Anfang des Nebensatzes: vor dem Subjekt, wenn es ein Substantiv ist, und nach dem Subjekt, wenn es ein Pronomen ist.

„Da hörte ich beim Bedienen zu, wie sich zwei Gäste von Tisch zu Tisch unterhielten...“ (A. Seghers)

Zwei Minuten später empfahl sich Herr Friedemann. Als er sich an der Tür noch einmal verbeugte, begegnete er ihren Augen... (Th. Mann)

Der trennbare Teil des Verbs verschmilzt im Nebensatz mit der finiten Verbalform, da diese ja am Ende des Satzes zu stehen kommt.

Als der Zug am Stadthaus ankam, war er auf einige tausend Menschen angewachsen, die vor dem Eingang stehenblieben... (W. Bredel)

Als Lotte mit ihrem Kind heimging, traf sie auf dem Uferdamm einen jungen Burschen, der ihr schon von weitem vertraut vorkam. (A. Seghers)

Im übrigen weist die Stellung der einzelnen Satzglieder im Nebensatz keinerlei, Abweichungen von derjenigen in einem selbständigen Satz auf, nur daß für das Subjekt die Stellung unmittelbar nach dem einleitenden Wort kennzeichnend ist, falls dieses nicht selbst schon Subjekt ist.

Er wußte nicht recht, ob er mit sich zufrieden oder ärgerlich auf sich sein sollte. (B. Uhse)

Mittlerweile war viel Volk zusammengelaufen, das dem seltsamen Aufzug mit lautem Gejohle folgte. (W. Bredel)

Das Subjekt kann aber von dem einleitenden Wort wegrükken, namentlich wenn dieses als Bestandteil einer Wortgruppe auftritt.

Um 11 Uhr stiegen die Geschwister in den Wagen, an dessen hinterem Teile Tonys großer Koffer festgeschnallt worden war. (Th. Mann)

Eine schmale, halb verfallene Brücke führte über eine Schlucht, in deren Tiefe ein dünnes Wasser rauschte. (L. Renn).

§ 326. In einzelnen Fällen weist die Wortstellung im Nebensatz Abweichungen von der Hauptregel auf.

1. In den konjunktionslosen Konditional- und Konzessivsätzen nimmt das finite Verb die Anfangsstellung ein (s. §§ 367 u. 375);

Frieda Brenten wäre weniger unruhig gewesen, hätte sie die Kinder nicht bei sich gehabt. (W. Bredel)

War der Alte mit seinen Söhnen Ludwig und Otto gegangen, hätte Frau Hardekopf wieder ins Bett kriechen können; doch sie dachte nicht daran. (W. Bredel)

Nichts haßte der General mehr als Ansammlungen von Menschen, mochten sie groß oder klein sein... (B. Kellermann)

2. In den konjunktionslosen Subjekt-, Objekt- und Attributsätzen weist die Wortfolge im Nebensatz keinen Unterschied von der eines selbständigen Satzes auf (s. §§ 335, 341, 344);

Es war ihm gesagt worden, er hätte um elf da und da zu sein. (H. Fallada)

Er überzeugte sich, seine Gedanken waren richtig gewesen. (A. Seghers)

...daß Diepold zu dem Entschluß kam, man könnte ihn mitnehmen, das machte Geschke stolz... (A. Seghers)

3. In den irrealen Komparativsätzen, die durch die Konjunktion als eingeleitet werden, steht das finite Verb unmittelbar nach der Konjunktion (s. § 360);

Der Alte musterte Erna, als hätte er nicht richtig gehört oder begriffen. (A. Scharrer)

4. Das finite Verb steht vor dem unflektierbaren Teil des Prädikats, wenn dieses durch die zusammengesetzte Zeitform eines Modalverbs in Verbindung mit einem abhängigen Infinitiv ausgedrückt ist.

Herrn Grünlichs Bewegung war allzu groß, als daß er diesen Einwurf hätte bemerken können. (Th. Mann)

Der Vater deutete auf den Rucksack, den ich hatte tragen müssen... (J. R. Becher)

Von dem Augenblick an... hatte er das Gefühl..., daß unausgesprochen geblieben war, was unter allen Umständen hätte gesagt werden müssen. (B. Uhse)

§ 327. Es kommt vor, daß einzelne Wörter oder ganze Wortgruppen dem finiten Verb im Nebensatz nachgesetzt werden. Dadurch wird auch die Auffassung des Inhalts erleichtert.

Dies ist der Fall:

1. wenn der Nebensatz eine Infinitivgruppe enthält;

Wenn es ihm gelungen war, hinter dem Rücken des Postens hereinzukommen, mußte es ihm doch auch gelingen, wieder hinauszukommen. (B. Balazs)

2. wenn der Nebensatz einen Vergleich mit wie oder als enthält;

Als er anfing zu essen, zeigte er ungewöhnlich gutgeformte, engstehende Zähne, die spiegelnd blank waren, wie poliertes Elfenbein. (Th. Mann)

Der Hohlweg zwischen der künstlichen Mauer und der Fabrikwand hieß Tunnel, obwohl er kein anderes Dach hatte als den freien Himmel. (A. Seghers)

3. wenn ein Substantiv des Nebensatzes seinerseits durch einen Attributsatz bestimmt wird.

Vielleicht wird man später nicht verstehen, wieso Franz vergnügt sein konnte in der Haut, in der er steckte. (A. Seghers)

§ 328Die Wortfolge im Hauptsatz unterscheidet sich von der eines selbständigen Satzes nur, wenn der Nebensatz dem Hauptsatz vorausgeht. In diesem Fall beginnt der Hauptsatz mit dem finiten Verb, da die erste Stelle im Satzgefüge der Nebensatz einnimmt.

Wenn ich zurückkomme, will ich alles meinem Bürgermeister erzählen. (A. Seghers)

Obwohl der Urlaub gesperrt war, bekam Hans eine Möglichkeit heimzufahren. (A. Seghers)

Enthält der Hauptsatz ein Korrelat, so steht es vor dem finiten Verb.

Wenn du dich auch nur mit einem Wort, mit einem Blick verrätst, dann sind wir alle verloren. (B. Balazs)

Hätte Peterchen nicht immer nur in seinen Stadtplan geguckt, so würde er Karlchen bemerkt haben. (B. Balazs)

Eine Abweichung von dieser Regel weist die Wortstellung in einem Hauptsatz auf, der auf einen relativen oder konjunktionslosen Konzessivsatz folgt. Der Hauptsatz hat die Wortfolge eines selbständigen Satzes.

So müde der General auch war, er fand keinen Schlaf. (W. Bredel)

War ihr Gesicht auch schon recht alt und welk geworden, ihre großen dunklen Augen glühten immer noch. (W. Bredel)

§ 329. In den Nebensätzen werden zwei Modi gebraucht: der Indikativ und der Konjunktiv. Dabei wird der Konjunktiv in den Nebensätzen viel häufiger verwendet als im selbständigen Satz. Von den Zeitformen des Konjunktivs kommen zwei, das Perfekt und das Futur I Konjunktiv, überhaupt nur im Nebensatz vor. Ein weitgehender Gebrauch wird vom Konjunktiv in der indirekten Rede, zur Wiedergabe der Worte einer dritten Person, gemacht.

Der Gebrauch des Konjunktivs ist aufs engste mit der Art des Nebensatzes verknüpft. So findet man den Konjunktiv in negativen Modalsätzen, in Finalsätzen, in Konsekutivsätzen mit der Konjunktion als daß, in Attributsätzen, wenn der Hauptsatz ein negativer Satz ist, usw. In den meisten der genannten Nebensätze wird zuweilen auch der Indikativ verwendet. Dies zeugt davon, daß der Konjunktiv hier einen mehr oder weniger formalen Charakter hat.

Der Gebrauch des Konjunktivs im Nebensatz beschränkt sich jedoch nicht auf die obengenannten Fälle, wo es sich um die besonderen Funktionen des Konjunktivs im Nebensatz handelt. Von den zwei Arten des Konjunktivs, die im selbständigen Satz vorkommen, den Optativen und dem potentialen Konjunktiv, ist der potentiale Konjunktiv in seinem Gebrauch durchaus nicht an den selbständigen Satz gebunden. Er kann auch in einem Nebensatz vorkommen, ohne dabei von der Art des Nebensatzes irgendwie abhängig zu sein. Soll ein Nebensatz etwas nur als möglich, als unwirklich Gedachtes ausdrücken, so steht das Prädikat in der entsprechenden Zeitform des präteritalen Konjunktivs, denn es handelt sich dabei um den Gebrauch des potentialen Konjunktivs. In diesem Fall ist es völlig unmöglich, den Konjunktiv durch den Indikativ zu ersetzen, ohne den Inhalt der Aussage wesentlich zu verändern.

Der potentiale Konjunktiv kommt regelmäßig im Satzgefüge mit einem irrealen Konditional bzw. Konzessivsatz vor; dabei steht im Satzgefüge mit einem Konditionalsatz auch im Hauptsatz der Konjunktiv, da beide Vorgänge als irreal, als nichtwirklich hingestellt werden. Auch in den irrealen Komparativsätzen nähert sich der Konjunktiv in seinem Gebrauch dem potentialen, worauf bereits die Bezeichnung „irreal“ hinweist. (Beispiele zum Gebrauch des Konjunktivs im Nebensatz siehe in den entsprechenden Paragraphen über das Satzgefüge.)

Einteilung der Nebensätze

§ 330. Die Nebensätze können von verschiedenen Standpunkten aus eingeteilt werden und zwar: 1) nach der Art ihrer Verbindung mit dem übergeordneten Satz, 2) nach ihrer Stellung im Satzgefüge, 3) nach ihrer syntaktischen Funktion (diese Einteilung ist die wichtigste).

§ 331. Nach der Art ihrer Verbindung mit dem übergeordneten Satz unterscheidet man syndetisch verbundene und asyndetisch verbundene (konjunktionslose) Nebensätze. Die syndetisch verbundenen Nebensätze können eingeleitet werden: 1) durch Konjunktionen (Konjunktionalsätze); 2) durch „Relativpronomen und Relativadverbien (Relativsätze).

Ich kam erst wieder zu mir, als mir die Großmutter einen Kuß gab. (J. R. Becher)

Ich setzte mich auf den Stuhl, auf dem mit Vorliebe die Großmutter gesessen hatte... (J. R. Becher)

Er hat nicht gesehen, woher der Junge gekommen ist. (B. Balazs)

Frau Pauline erklärte darauf, sie sei erschöpft... (W. Bredel)

§ 332Nach ihrer Stellung im Satzgefüge können die Nebensätze in bezug auf den übergeordneten Satz (den Hauptsatz bzw. einen Nebensatz, wenn es sich um die Stellung eines Nebensatzes zweiten Grades handelt) als Vordersätze, Zwischensätze und Nachsätze auftreten.

Als der Wagen die letzten Häuser zurückließ, beugte Tony sich vor, um noch einmal den Leuchtturm zu sehen... (Th. Mann)

Der Ort, wo sie sich für diese Nacht niedergelassen hatten, schien ehemals ein Schloß gewesen zu sein. (W. Hauff)

...Maria hörte, wie sie draußen sprachen. (B. Uhse)

Martin dachte darüber nach, ob er dem Mädchen erzählen sollte, was mit Erwin geschehen war. (A. Seghers)

§ 333. Die Nebensätze erfüllen im Satzgefüge eine Funktion, ähnlich der eines Satzgliedes in einem einfachen Satz. Dementsprechend teilt man die Nebensätze nach ihrer syntaktischen Funktion im Satzgefüge ein in: 1) Subjektsätze, 2) Prädikativsätze, 3) Objektsätze, 4) Attributsätze, 5) Adverbialsätze (Lokalsätze, Temporalsätze, Modalsätze, Komparativsätze, Konsekutivsätze, Kausalsätze, Finalsätze, Konditionalsätze, Konzessivsätze, Restriktivsätze). Die Nebensätze antworten in der Regel auf dieselben Fragen wie die entsprechenden Satzglieder. Die Ähnlichkeit zwischen einem Nebensatz und einem Satzglied gibt uns aber nicht das Recht, einen Nebensatz als ein erweitertes Satzglied aufzufassen. Der Nebensatz weist seinem Bau nach viel Ähnlichkeit mit einem selbständigen Satz auf und unterscheidet sich von einem Satzglied durch größere Ausdrucksfähigkeit.

Außerdem gibt es Nebensätze, die keinem Satzglied entsprechen. Dazu gehören die Restriktivsätze, die weiterführenden Nebensätze (Satzapposition), manche Attributsätze usw. Anderseits gibt es auch Satzglieder (z. B. das verbale Prädikat, das prädikative Attribut), denen kein Nebensatz entspricht.

§ 334. Die Subjektsätze (Gegenstandssätze). Der Subjektsatz gibt das Subjekt durch einen Nebensatz wieder und ist daher mit dem Hauptsatz besonders eng verbunden. Gleich dem Subjekt antwortet der Subjektsatz auf die Fragen wer?, was?.

Der Subjektsatz kann vor und nach dem Hauptsatz stehen.

Wer wagt, gewinnt. (Sprichwort)

Früh übt sich, wer ein Meister werden will. (Sprichwort)

Bebel legt seine Hand auf Hardekopfs Arm. „Und was Sie von der Schulung gesagt haben, das ist grundwahr.“ (W. Bredel)

§ 335. Nach der Art der Verbindung mit dem Hauptsatz unterscheidet man relative, konjunktionale und konjunktionslose Subjektsätze.

Die relativen Subjektsätze werden eingeleitet durch die Relativpronomen wer, was, der, welcher, seltener durch Relativadverbien.

Wer mit seiner eigenen Familie wirtschaftete..., sollte sein Eigentum behalten. (A. Seghers)

Die in der Kampflinie standen, waren größtenteils Werft- und Hafenarbeiter... (W. Bredel)

Beim Verhör wird es sich schon herausstellen, woher er ihn kennt. (B. Balazs)

Die Relativpronomen, die einen Subjektsatz einleiten, können in einem beliebigen Kasus mit bzw. ohne Präposition stehen.

Wen der Sergeant des Kommissars in sein Notizbuch eintrug, der fühlte sich ausgezeichnet. (W. Bredel)

Was er jetzt in die Finger bekam, war ohne Zweifel ein Gruß von Paul. (A. Seghers)

Es war kein Geheimnis, in wessen Auftrag unsere Maschinen liefen. (A. Seghers)

Das Relativpronomen der leitet einen Subjektsatz ein, wenn eine Einzelperson gemeint ist. Die durch wer eingeleiteten relativen Subjektsätze umschreiben eine Person verallgemeinernd. Vgl.:

Der geschrien hatte, stemmte sich vom Tisch weg und setzte mit tiefer, glühender Stimme ein... (A. Seghers)

Auch die Glaser waren dabei, auch sie kriegten Wurst und Brot. Wer sein Teil hatte, ging weiter... (R. Leonhard)

Die konjunktionalen Subjektsätze werden durch die Konjunktionen daß, ob, wenn, als u. a. eingeleitet.

Am häufigsten werden die Subjektsätze durch die Konjunktion daß eingeleitet.

Daß das Hegelsche System die Aufgabe nicht löste, die es sich gestellt, ist hier gleichgültig. (F. Engels)

Daß du mich auch einmal besuchst, Frieda, freut mich ganz besonders“ (W. Bredel)

Ob sie zufrieden sind, ist mir gleichgültig.“ (W. Bredel)

Viel seltener werden die Subjektsätze durch wenn und als eingeleitet. Die Sätze mit der Konjunktion wenn enthalten eine Bedingung und stehen den Bedingungssätzen nahe (s. § 367).

Es ist ferner zu einem außerordentlich starken Maß Ernst Thälmanns Verdienst, wenn in dieser Kommunistischen Partei tausend und aber tausend Kader erzogen, theoretisch geschult und im Klassenkampf erprobt wurden. (W. Bredel)

Das Aufregendste war, als wir eines Tages in der Gärtnerei Buchner eine Höhle mit einem unterirdischen Gang entdeckten. (J. R. Becher)

Einem Subjektsatz entspricht im Hauptsatz häufig ein Korrelat. Es wird stets dann gebraucht, wenn es mit dem Relativpronomen im Kasus nicht übereinstimmt. Als Korrelat treten die Pronomen es, der, die, das auf. Ist der Subjektsatz ein Nachsatz, so enthält der Hauptsatz fast immer das Korrelat es. Dem Relativpronomen der, die, das im Nebensatz entspricht als Korrelat stets nur das gleichlautende Demonstrativpronomen.

Wen der Sergeant des Kommissars in sein Notizbuch eintrug, der fühlte sich ausgezeichnet. (W. Bredel)

Es war ihr nicht anzumerken, ob sie die Mutter der Kinder oder die ältere Schwester war. (A. Seghers)

Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben, | Der täglich sie erobern muß. (J. W. Goethe)

Wer Ihren Sohn kennt, der erkennt auch Sie sofort. (W. Bredel)

Und was die Familie an Nahrungsmitteln benötigte, das wurde in der ersten Verkaufsstelle der „Produktion“... eingekauft. (W. Bredel)

Subjektsätze werden oft gebraucht, wenn der Hauptsatz des Satzgefüges eine Einschätzung des Inhalts des Nebensatzes enthält oder ein Wort, das die Modalität der Aussage bestimmt bzw. verstärkt. Das Prädikat des Hauptsatzes ist dann meist ein nominales; auf den Subjektsatz weist oft das Korrelat es hin: es ist (un)möglich, es ist gut, besser, schade, (un)gewiß, (un)wahrscheinlich, (un)klar, wahr usw.

Es war unmöglich, daß ihm etwas entging. (A. Seghers)

Jetzt war es gut, daß Liau wieder ein wenig geschlafen hatte und deshalb nachdenken konnte. (A. Seghers)

Ungewiß war nur, ob Walter einen Schlüssel hatte und öffnen konnte. Ungewiß auch, ob er überhaupt öffnen würde, wenn sie klopfte. (W. Bredel)

Der Hauptsatz kann auch ein unvollständiger Satz sein.

Gut, daß Mimi das nicht mit anzuhören brauchte. (W. Bredel)

Fräulein Liesbeth... sagte dann dünn und fein: „Schade, daß er nicht schwarz ist.“ (B. Balazs)

Die konjunktionslosen Subjektsätze enthalten meist die indirekte Rede. Der Stellung nach sind es Nachsätze. Sie haben die Wortfolge eines selbständigen Satzes.

Es war ihm gesagt worden, er hätte um elf da und da zu sein. (H. Fallada)

Ihm schien, er habe etwas Vernünftiges und Richtiges getan. (F. Wolf)

§ 336. In den Subjektsätzen steht das Prädikat meist im Indikativ. Der Konjunktiv wird gebraucht, wenn der Subjektsatz die indirekte Rede enthält (Beispiele siehe oben).

Auch der potentiale Konjunktiv kommt vor.

Sie blickte auf die Tür... und dachte: »Es wäre gut, wenn er schon wieder fort wäre.« (B. Uhse)

§ 337. Die Prädikativsätze. Der Prädikativsatz gibt das Prädikativ durch einen Nebensatz wieder. (Das verbale Prädikat kann nicht durch einen Nebensatz vertreten werden.) Die Prädikativsätze kommen verhältnismäßig selten vor. Der Prädikativsatz ist (wie auch der Subjektsatz) inhaltlich aufs engste mit dem Hauptsatz verbunden. Er antwortet auf die Fragen wer oder was ist (wird) das Subjekt? Im Hauptsatz gebraucht man die Korrelate es, das, er. Die Prädikativsätze sind stets Nachsätze.

Er ist durchaus nicht das, was man einen hübschen Burscheb nennt... (W. Bredel)

Georg sah ein Schild: Dr. Herbert Löwenstein. »Der wär’ der, der mir helfen muß«, dachte er. (A. Seghers)

§ 338. Nach der Art der Verbindung mit dem Hauptsatz unterscheidet man relative und konjunktionale Prädikativsätze. Konjunktionslose Prädikativsätze kommen höchst selten vor.

Die relativen Prädikativsätze werden eingeleitet durch relative Pronomen oder Adverbien: der, was, wie, wofür u. a.

Der Fluß ist nicht mehr, der er war. (Th. Mann)

Er war, was man einen ruhigen Mann nennen mochte. (B. Uhse)

Keiner ist das, wofür er sich ausgibt. (J. R. Becher)

Der Kleine aber, der Heini, der war, wie ihn Röder beschrieben hatte. (A. Seghers)

Die relativen Prädikativsätze kommen oft vor, wenn man im Hauptsatz irgendein Satzglied (meist das Subjekt) logisch hervorheben will. Dieses Satzglied steht im Hauptsatz an erster Stelle, ihm folgen die Kopula und das Korrelat es.

Der poetische Gedanke ist es, welcher den eigentlichen Inhalt eines Gedichtes bildet. (J. R. Becher)

Nicoletta war es, die seinen Wunsch unterstützte. (K. Mann)

Selbstbeherrschung! Das war es, was Winfried von sich zu allererst verlangt hatte. (A. Zweig)

Die konjunktionalen Prädikativsätze werden eingeleitet durch die Konjunktionen daß, als, ob, als ob, wie wenn, als wenn.

Die durch die Konjunktion daß eingeleiteten Nebensätze lassen meist eine doppelte Deutung zu (Subjekt- oder Prädikativsatz). So haben wir z. B. in den folgenden Nebensätzen Grenzfälle; man hält sich bei solchen Sätzen an die Wortfolge und betrachtet das Satzglied an der Spitze als Subjekt.

Nun, das Schlimme ist, daß Erika ein wenig zur Melancholie neigt... (Th. Mann)

Ihr Trost war, daß dies alles mit unnatürlichen Dingen zugegangen sei. (W. Hauff)

Asyndetisch verbundene Prädikativsätze kommen seltener vor.

Ihm war es, sie hätte mit einem Blick tief in ihn hineingesehen... (A. Seghers)

§ 339. In den Prädikativsätzen steht das Prädikat meist im Indikativ. Die Prädikativsätze mit als ob, als, als wenn enthalten jedoch einen irrealen Vergleich (s. §360). In diesen Sätzen wird daher der Konjunktiv gebraucht.

Der Abschied ist, als ob man ein Herz zerreiße. (W. Pollatschek)

Ich bin dort geboren, und es ist mir, als müßte ich gleich nach Hause gehn. (H. Heine).

Auch in asyndetisch verbundenen Prädikativsätzen wird der Konjunktiv gebraucht.

§ 340. Die Attributsätze (Beifügesätze). Der Attributsatz vertritt ein Attribut des übergeordneten Satzes. Er bestimmt ein beliebiges Satzglied, das durch ein Substantiv, eine beliebige substantivierte Wortart, ein Pronomen bzw. ein Zahlwort ausgedrückt ist. Der Attributsatz antwortet auf die Fragen: welcher?, was für ein?

Sein winziges Häuschen auf Rädern, an dessen Außenwand eine Friedenstaube geklebt ist, beherbergt ihn bei Nacht und Regen... (A. Seghers)

Die Dombrowski — die Frau eines Arbeiters, der aus derselben Stadt war — erschien auf dem Bahndamm... (A. Seghers)

Peter Wittkamp überlegte, worin dieses Gemeinsame lag, das die Passagiere... miteinander verband... (B. Uhse)

Das erste, was ihn überraschte, war die Stille. (B. Balazs)

Zu Anfang war sie mitgegangen, sie, deren Hoffnung nun erfüllt, deren Kampf noch siegreich geworden war. (H. Fallada)

Zuweilen ist der Attributsatz inhaltlich nur sehr lose oder fast gar nicht mit seinem Beziehungswort verbunden. Er ergänzt vielmehr den Gesamtinhalt der Aussage.

Er war erst wenige Tage wieder in Europa, das er vor fast zehn Jahren verlassen hatte... (W. Bredel)

„Ich entsinne mich einer alten, schmalen Straße, über deren Giebeln schief und seltsam der Mond stand.“ (Th. Mann)

Da der Attributsatz in der Regel seinem Beziehungswort folgt, ist er Zwischen- oder Nachsatz.

Einige Ordonnanzen, die die Treppe emporeilten, blieben plötzlich wie angewurzelt stehen... (B. Kellermann)

Eine schmale, halb verfallene Brücke führte über eine Schlucht, in deren Tiefe ein dünnes Wasser rauschte. (L. Renn)

Der Attributsatz wird zuweilen von seinem Beziehungswort getrennt.

Das Grammofon war jetzt abgestellt, das fortwährend unten in der Wirtschaft gespielt hatte. (A. Seghers)

§ 341. Nach der Art ihrer Verbindung mit dem Hauptsatz unterscheidet man relative, konjunktionale und konjunktionslose Attributsätze. Die meisten Attributsätze sind Relativsätze; sie werden eingeleitet:

1. durch die Relativpronomen der, welcher, die in verschiedenen Kasus mit oder ohne Präposition gebraucht werden, je nach der syntaktischen Funktion, die sie im Nebensatz erfüllen. Somit tritt das Relativpronomen als Subjekt, Objekt oder Attribut des Nebensatzes auf;

Wolfgang, der wieder eifrig... weiterarbeitete, lud sie ein, mit ihm zu essen... (B. Kellermann)

In ihrem kleinen, reinlichen Zimmer, dessen Möbel mit hellgeblümtem Kattun überzogen waren, erwachte Tony am nächsten Morgen mit dem angeregten und freudigen Gefühl, mit dem man in einer neuen Lebenslage die Augen öffnet. (Th. Mann)

In relativen Attributsätzen, die sich auf ein Personalpronomen des Hauptsatzes beziehen, kann dieses Personalpronomen nach dem Relativpronomen nochmals genannt werden, wenn sie in der Person nicht übereinstimmen.

Ich fürchtete mich beim Zusehen, ich könnte in diesen Strom hineingeraten, ich, der ich mich noch am Leben fühlte, durchaus zum Bleiben gewillt... (A. Seghers)

Und wir, die wir ohne Arbeit und am Hungern sind, wird es auch für uns wieder Beschäftigung geben...? (H. Marchwitza)

2. durch die Relativadverbien wo, wohin, warum, wie, wieweit, womit, worüber u. a.;

Die Bourgeoisie stellt sich die Welt, worin sie herrscht, natürlich als die beste Welt vor. (K. Marx/F. Engels)

Der Ort, wo sie sich für diese Nacht niedergelassen hatten, schien ehemals ein Schloß gewesen zu sein. (W. Hauff)

Da kam die Frage, wieweit sich die städtische Fürsorge seiner Kinder annehme. (A. Seghers)

...gefielen mir seine Augen und die Art, wie er sprach... (A. Seghers)

Wenn sich der Attributsatz auf etwas, manches, vieles, nichts, alles, auf Ordnungszahlwörter oder substantivierte Adjektive (meist im Superlativ) bezieht, so wird er in der Regel durch das Relativpronomen was (im Nominativ oder Akkusativ) bzw. durch Relativadverbien (wovon, worüber u. a.) eingeleitet.

Er wußte selbst, daß an ihm nichts war, was besonders ins Auge stach. (A. Seghers)

Dupont fand, alles werde ihm klarer, was er schwarz auf weiß vor sich sehe. (A. Seghers)

Was heißt das, verraten? — Verrat, das ist das Furchtbarste, was es gibt. (A. Seghers)

Das erste, was Karlchen bemerkte, war ein ganz kleiner chinesischer Schoßhund. (B. Balazs)

Die konjunktionalen Attributsätze werden eingeleitet durch die Konjunktionen daß, ob, als, wenn, da, als ob, als wenn u. a. Die Konjunktionen daß und ob leiten oft Attributsätze ein, die sich auf ein vom Verb abgeleitetes Substantiv beziehen.

„Deine Hoffnung, daß durch uns deine Rettung kommen werde, ist vergeblich.“ (W. Hauff)

Der Kopf des Vaters... hielt strammstehend Umschau, ob sich nicht etwas Staatsgefährliches ereigne. (J. R. Becher)

Wenn das Beziehungswort einen Zeitbegriff bezeichnet, wird der Attributsatz durch die Konjunktionen da, wo, seltener als eingeleitet.

...es gab Tage, da er seinen langweiligen Bürodienst nur schwer ertragen konnte. (B. Kellermann)

Es kam die Zeit, wo er sie auf dem Schulhofe oft von gewissen Erlebnissen sprechen hörte... (Th. Mann)

...er entsann sich jenes Tages, als er von Stines Fenster aus dasselbe Sonnenuntergangsbild gehabt hatte. (Th. Fontane)

Die konjunktionslosen Attributsätze kommen ziemlich selten vor. Sie enthalten meist die indirekte Rede.

...daß Diepold zu dem Entschluß kam, man könnte ihn mitnehmen, das machte Geschke stolz... (A. Seghers)

Im Verlauf des Gesprächs fragte er, ob Francisco... nicht auch das Gefühl habe, er sollte eigentlich mehr für seine Familie tun... (L. Feuchtwanger)

§ 342. In den Attributsätzen wird sowohl der Indikativ als auch der Konjunktiv gebraucht. Der Konjunktiv wird verwendet:

1. wenn sich der Attributsatz auf ein verneintes Satzglied bzw. auf eine Negation im übergeordneten Satz bezieht.

Nee-nee, für die heutigen Mädchen hat Mutter Clasen nichts übrig, sie hat noch keines kennengelernt, das ihr für ihren Arnold gut genug wäre. (W. Bredel)

„Ich kenne wahrhaftig nichts auf der Welt, worüber ich erschrecken könnte...“ (A. Seghers)

2. wenn der Attributsatz die indirekte Rede enthält;

Marie kam zum erstenmal der Gedanke, ihr Freund könnte sich verspäten. (A. Seghers)

...ja, es ging das Gerücht, das Direktorium verlange ihre Ausweisung. (L. Feuchtwanger)

Sie beriefen sich auf den Apfel, der nicht weit vom Stamm falle... (H. Mann)

3. beim Potentialen Charakter der Aussage;

Er hatte schon seit einer Stunde dort gesessen, den dunklen Blick auf die Tür geheftet, und hatte auf seinen Sohn gewartet, der Punkt halb neun Uhr hätte zu Hause sein müssen. (B. Balazs)

4. in den Attributsätzen mit als, als ob, als wenn, die eine irrige Annahme, einen irrealen Vergleich ausdrücken.

„Wahrend er so beschäftigt ist, hat er plötzlich das Gefühlt, als sähe ihm jemand zu. (H. Fallada)

...und ich muß tadeln, daß er jener falschen Meinung, als hätten die Göttingerinnen allzu große Füße, nicht streng genug widerspricht. (H. Heine)

§ 343. Die Objektsätze (Ergänzungssätze). Der Objektsatz erfüllt im Satzgefüge die Funktion eines Objekts und hängt vom Prädikat oder vom prädikativ gebrauchten Adjektiv des Hauptsatzes ab. Gleich dem Objekt antwortet er auf die Fragen wen?, was?, wem?, wessen?, worauf?, wofür?, womit? u. a. Somit kann ein Objektsatz dem direkten, dem indirekten bzw. dem präpositionalen Objekt entsprechen.

Er bekam, was er wünschte... (Th. Mann)

Bei dieser Zusammenkunft vernimmt Kreibel, daß ihn die Partei... nach Frankfurt versetzen will. (W. Bredel)

Er erinnerte sich, wie ihn die Mutter das letztemal in der Küche des kleinen Hauses umarmt hatte. (B. Uhse)

Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht! (Sprichwort)

Objektsätze, die dem Genitivobjekt entsprechen, kommen in der Spräche verhältnismäßig selten vor.

Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über. (Sprichwort)

Anmerkung. Viele Objektsätze enthalten die indirekte Rede (s. § 382).

Objektsätze werden dem Hauptsatz meist nachgestellt, doch können sie Vordersätze, seltener auch Zwischensatze sein.

Er wunderte sich, daß man den Nadler so lange nicht mehr daheim gesehen hatte... (A. Seghers)

Wo er dort ist, habe ich nicht herausgekriegt.“ (B. Uhse)

Er wandte an, was er gelernt hatte, bei der Arbeit und bei Streiks. (A. Seghers)

§ 344. Nach der Art der Verbindung mit dem Hauptsatz unterscheidet man konjunktionale, relative und konjunktionslose, Objektsätze.

Die konjunktionalen Objektsätze werden meist durch die Konjunktion daß, seltener durch ob und wie eingeleitet. Im Hauptsatz können dabei verschiedene Korrelate gebraucht werden, vor allem die mit da zusammengesetzten Pronominaladverbien (damit, dafür, darauf, darüber u. a.) und die Demonstrativpronomen es, das.

Die Zunftordnungen sorgten dafür, daß der Geselle von heute in den Meister von morgen überging. (F. Engels)

...Hardekopf... war zufrieden, daß niemand hereinkam... (W. Bredel)

Paul merkte, daß Franz mit ihm sprechen wollte. (A. Seghers)

Und Hardekopf reckte sich,... tastete am Kragen entlang, um festzustellen, ob auch der schwarze Binder... richtig saß... (W. Bredel)

Sie spürte schon, wie ihre Hand den Schirm umkrallte. (St. Zweig)

Er war von Anfang an darauf gefaßt gewesen, daß heute nicht alles glattgehen konnte. (A. Seghers)

Doch daß diese scheue und wortkarge Frau... so kühn von einer Stunde zur anderen in die Streikleitung eingreifen konnte..., das hatte niemand vermutet. (A. Seghers)

Die relativen Objektsätze werden durch Relativpronomen (wer, was, der, welcher u. a.) bzw. Relativadverbien (womit, wofür, worüber, wo, wohin u. a.) eingeleitet. Als Korrelate treten im Hauptsatz die Demonstrativpronomen es, der, derjenige im entsprechenden Kasus sowie Pronominaladverbien auf.

Walter hätte zu gern gewußt, wer in dem dunklen Nebenraum war. (W. Bredel)

Hedwig Brunner wußte, wem der Dachboden gehört... (B. Balazs)

Er ließ es offen, welche Wege er meine. (B. Uhse)

Was Karlchen mit keuchendem Atem in wilder Hast da erzählt, das versteht Helmut nicht alles genau. (B. Balazs)

Das Korrelat wird stets gebraucht, wenn es mit dem Relativpronomen im Kasus nicht übereinstimmt.

Sie war dem dankbar, der es sie lehrte. (H. Mann)

...wer sie zu einem Gelächter aufforderte, dem war sie immer dankbar. (H. Mann)

Wer dieser Kirsei war, darüber gab es für ihn keinen Zweifel. (W. Bredel)

Werden Objektsätze durch Relativadverbien eingeleitet, so steht im Hauptsatz meist kein Korrelat.

Ich werde ihr nicht erklären können, warum sie gerade heute mit mir zufrieden sein kann. (A. Seghers)

...und dann, Fabian, bist du frei, und du weißt, wohin du zu gehen hast! (B. Kellermann)

Hans lächelte. „Das kann ich dir natürlich nicht verraten, woher ich ihn hab’.“ (F. Erpenbeck)

Die konjunktionslosen Objektsätze haben die Wortfolge eines selbständigen Satzes. Sehr oft enthalten sie die indirekte Rede (s. § 382).

Man sieht, die plebejische Opposition der damaligen Städte bestand aus sehr gemischten Elementen. (F. Engels)

Er überzeugte sich, seine Gedanken waren richtig gewesen. (A. Seghers)

Er sah, der Krämer war nachdenklich geworden... (O. M. Graf)

Frau Pauline erklärte darauf, sie sei erschöpft und abgespannt und möchte möglichst schnell nach Hause. (W. Bredel)

In den Objektsätzen wird in der Regel der Indikativ gebraucht. Zuweilen kommt auch der potentiale Konjunktiv vor.

„Ich habe dich nicht gefragt, was du in diesem oder jenem Falle vielleicht tun würdest, sondern was du jetzt, heute, sogleich tun wirst“. (Th. Mann)

§ 345. Die Objektsätze fallen in ihrer Form oft mit Subjektsätzen, seltener mit Attributsätzen zusammen, unterscheiden sich aber von diesen durch ihre syntaktische Funktion im Satzgefüge. Das gilt sowohl für relative als auch für konjunktionale Sätze. Vgl.:

Wer mithelfen wollte, das gesteckte Ziel zu erreichen, mußte unter diesen besonderen Umständen besondere Leistungen vollbringen. Wer dazu nicht bereit war, dem stand es frei zu gehen. (W. Bredel)

Der erste Relativsatz ist ein Subjektsatz, der zweite ein Objektsatz, der einem Dativobjekt entspricht. Vgl. auch folgende Konjunktionalsätze:

Ob sie zufrieden sind, ist mir gleichgültig.“ (W. Bredel) (Subjektsatz)

Er fragte mich auch, ob ich nicht wiederkäme... (A. Seghers) (Objektsatz)

Die Sache mit Xaver erregte in mir Bedenken, ob wir nicht vielleicht in eine ganz schlimme Zeit eingetreten seien. (J. R. Becher) (Attributsatz)

§ 346. Die Lokalsätze (Adverbialsätze des Ortes). Der Lokalsatz vertritt eine Adverbialbestimmung des Ortes. Er gibt den Ort oder die Richtung der Handlung des Hauptsatzes an und antwortet auf die Fragen: wo?, woher?, wohin? In den Lokalsätzen wird der Indikativ gebraucht.

Er freute sich, wieder hier zu sein, wo er jedes Haus und jeden Menschen kannte... (B. Kellermann)

Der Lokalsatz kann vor, zwischen und nach dem Hauptsatz stehen.

Wo er vorüberkam, ward von seinem Prozeß gesprochen. (H. Mann)

Dort, wo die Chaussee in die Autobahn mündet, wurde das Frankenheer gesammelt, als man den Übergang über den Main suchte. (A. Seghers)

Frieda Brenten hatte sich dorthin verkrochen, wo der Brückenbogen auflag. (W. Bredel)

Lokalsätze sind immer Relativsätze und werden eingeleitet durch die Relativadverbien wo, woher, wohin, denen im Hauptsatz, oft die lokalen Adverbien da, dahin, daher, dorthin, hier u. a. als Korrelate entsprechen.

Er muß weiter fortgehen... am besten dahin, wohin er es ihr versprochen hat. (H. Fallada)

...war ich da nicht wieder zurückgekehrt dorthin, woher ich einstmals gekommen war... (J. R. Becher)

Ich rede nicht mehr mit Kimpel-Fritz. Wo er spielt, da spiel’ ich nicht, und wo ich spiel’, da spielt er nicht. (E. Strittmatter)

§ 347. Die Lokalsätze fallen in ihrer Form mit Subjekt-, Objekt- und namentlich mit Attributsätzen zusammen; um die Art des Nebensatzes richtig zu bestimmen, muß man das Wesen des syntaktischen Verhältnisses zwischen dem Haupt- und dem Nebensatz feststellen. Vgl.:

„Ich wollte dich nur davor bewahren, daß man dich dahin bringt, woher du kommst...“ (F. Erpenbeck)

Hans lächelte. „Das kann ich dir natürlich nicht verraten, woher ich ihn hab’.“ (F. Erpenbeck)

Beim Verhör wird es sich schon herausstellen, woher er ihn kennt. (B. Balazs)

Der Nebensatz im ersten Beispiel ist ein Lokalsatz (Wohin bringt man dich?), im zweiten ein Objektsatz (Was kann ich nicht verraten?), dem im Hauptsatz als Korrelat das Pronomen das entspricht; im dritten Beispiel ist es ein Subjektsatz (Was wird sich herausstellen?) mit dem Pronomen es als Korrelat im Hauptsatz.

Der Attributsatz bestimmt ein Substantiv (bzw. Pronomen) des Hauptsatzes, während ein Lokalsatz sich unmittelbar auf das Prädikat bezieht; Vgl.:

Wo Fritz mit seinem Stock hinweist, ragt ein Stück altes Faßband aus dem Wasser. (E. Strittmatter)

Der Ort, wo sie sich für diese Nacht niedergelassen hatten, schien ehemals ein Schloß gewesen zu sein. (W. Hauff)

Nur im Attributsatz entspricht das einleitende wo dem Relativpronomen der mit einer Präposition: Der Ort, wo (an dem) sie sich niedergelassen hatten...

§ 348. Die Temporalsätze (Adverbialsätze der Zeit). Der Temporalsatz vertritt eine Adverbialbestimmung der Zeit. Er nennt den Zeitpunkt, die Zeitdauer sowie Anfang, Abschluß oder Wiederholung der Handlung und antwortet auf die Fragen: wann?, seit wann?, bis wann?, wie lange?, wie oft?

Während man ins Rauchkabinett hinüberging, sagte Herr Kesselmeyer aufgeräumt: „Eine angenehme Reise gehabt, Herr Konsul?...“ (Th. Mann)

Carl Brenten richtete sich, als die Besucher eintraten, steil auf... (W. Bredel)

Lohmann... durfte, bis er nach England ging, auf der Schule verbleiben... (H. Mann)

Seit Aina da war, war es im Büro... heller geworden, sonniger. (W. Bredel)

Der Temporalsatz kann vor, zwischen und nach dem Hauptsatz stehen.

Nachdem er alle Zeitungen durchblättert hatte, begann er sich Notizen zu einem Prozeß zu machen... (B. Kellermann)

Arnold bleibt, nachdem auch Stefan dazu geraten hat, bei Schmidt wohnen. (W. Bredel)

Der Ausdruck ängstlicher Sorge wich auch nicht von ihrem Gesicht, nachdem sie unter den Wartenden die Tochter entdeckt hatte... (B. Uhse)

Das Zeitverhältnis im Satzgefüge mit einem Temporalsatz wird vom Standpunkt des Nebensatzes aus beurteilt. Die Temporalsätze bezeichnen eine Handlung, die: a) gleichzeitig mit der des Hauptsatzes, b) vorher oder c) nachher stattfindet.

Das Zeitverhältnis im Satzgefüge wird ausgedrückt:

1) durch entsprechenden Gebrauch der Zeitformen; 2) durch Verwendung der temporalen Konjunktionen als, bevor, bis, da, ehe, indem, indessen, indes, kaum daß, nachdem, seit, seitdem, sobald, solange, so oft, während, wenn, wie, wo.

In manchen Fällen wird das Zeitverhältnis mehr durch die Konjunktion bezeichnet als durch den Gebrauch der Zeitformen im Haupt- und Nebensatz. Das ist der Fall, wenn der Temporalsatz durch bevor, ehe oder bis eingeleitet wird.

§ 349. Ein Temporalsatz, der eine mit der Handlung im Hauptsatz zugleich geschehende Handlung enthält, wird eingeleitet durch die Konjunktionen: während, indem (selten), indessen, indes, wobei, solange, als, wenn (die letzteren zwei gebraucht man auch da, wo die Handlungen zeitlich nicht zusammenfallen; s. § 350).

Die Konjunktionen während, indes, indessen, indem, wobei sind Synonyme; am häufigsten wird die Konjunktion während gebraucht.

Während der Zug... an Spielplätzen vorbeifährt, beginnt in den Abteilen ein aufgeregtes Packen und Drängen. (W. Bredel)

...Maria betrachtete Helmut nachdenklich..., während sie ihm von Weismantel erzählte. (B. Uhse)

Die Konjunktion während dient manchmal zur logischen Gegenüberstellung zweier gleichzeitiger Handlungen. Diese Gegenüberstellung ist zuweilen wichtiger als die zeitliche Übereinstimmung. Solche Sätze kommen ihrem Inhalt nach der adversativen Satzverbindung nahe.

In der bürgerlichen Gesellschaft ist das Kapital selbständig und persönlich, während das tätige Individuum unselbständig und unpersönlich ist. (K. Marx/F. Engels)

Während Philipp in Berlin den 1. Mai als Triumphtag der Arbeiterklasse feiert, prügelt in München die Polizei die Maidemonstration auseinander und verhaftet wahllos Männer und Frauen. (W. Pollatschek)

Die Konjunktion indem wird im modernen Deutsch meist nicht in einem Temporalsatz, sondern in einem Modalsatz gebraucht. Der Satz mit indem ist ein Temporalsatz, wenn die Subjekte des Haupt- und des Nebensatzes verschiedene Personen bzw. Dinge bezeichnen.

Indem er so darüber brütete, erschien die Kätter selbst. (G. Keller)

„...Gabriele!“ sagte er plötzlich, indem die Augen ihm übergingen... (Th. Mann)

Bezeichnen die Subjekte des Haupt- und Nebensatzes ein und dieselbe handelnde Person, so ist der Satz mit indem meist ein Modalsatz (s. § 356).

Die Konjunktionen indes, indessen kommen seltener vor.

Seine Rachgier und seine Eifersucht kämpften, indes er sich nicht regte. (H. Mann)

Mit einem Jubelruf sprang Nanda auf seine fein gebildeten Füße, indessen Sita und Schridaman gesenkten Hauptes stille sitzen bleiben. (Th. Mann)

Die durch wobei eingeleiteten Temporalsätze kommen den Modal- bzw. den weiterführenden Sätzen nahe (s. §§ 356 u. 379).

Die Villard erzählte, Fenster und Waschbecken scheuernd, wobei ihr die Meunier manchen Handgriff tat... (A. Seghers)

Der Temporalsatz mit der Konjunktion solange begrenzt zeitlich die Handlung des Hauptsatzes.

Helmut fand es schwer, ihr zu antworten, solange sie ihm den Rücken zuwandte. (B. Uhse)

...solange ihre Gedanken von den unmittelbar auf sie eindringenden Anforderungen des Tages beansprucht wurden, war ihr kaum eine Veränderung anzusehen gewesen. (M. Zimmering)

Der Temporalsatz mit der Konjunktion sooft weist auf die gleichzeitige Wiederholung zweier Vorgänge hin.

Sooft sie lachte, hob sie die Hand vor den Mund, um eine Zahnlücke zu verbergen. (B. Kellermann)

Sooft er auch zu ihr hinsah, immer blieb ihr Kopf gesenkt. (W. Bredel)

§ 350. Die Konjunktionen als und wenn geben das zeitliche Verhältnis nicht genau an. Zu dessen Ausdruck dienen in diesem Fall die Zeitformen. Wenn die Handlungen des Haupt- und des Nebensatzes gleichzeitig stattfinden, gebraucht man in beiden Sätzen die gleiche Zeitform.

Als sie auf dem hochgelegenen Bahnhof in Schierke ankamen, schien die Sonne, doch hatte es zuvor geregnet. (B. Uhse)

„Sie räumte sonst erst auf, wenn mein Vater auf Arbeit war.“ (A. Seghers)

Als er ihr gesagt hatte, daß er künftig illegal leben würde, hatte sie nicht gewußt, was das bedeutete... (W. Bredel)

Wenn ich nach zwei Jahren wieder da bin, dann sollst du es erfahren.“ (Th. Storm)

Wenn die durch den Haupt- und Nebensatz bezeichneten Handlungen nicht gleichzeitig stattfinden und die eine Handlung der anderen vorausgeht, werden im Haupt- und im Nebensatz verschiedene Zeitformen gebraucht.

Sie sah sehr bleich und angegriffen aus, ihre Augen waren gerötet, und ihre Oberlippe bebte wie früher, wenn Tony als Kind geweint hatte. (Th. Mann)

Über das Vergangene sollen sie mich examinieren, wenn sie mir das Gegenwärtige mitgeteilt haben. (J. W. Goethe)

Wenn sie sich für die Einladung bedankt haben und gegangen sind, ordnet Cäsar die Entlassung und Verhaftung des Polizeiädilen an... (B. Brecht)

In den gegebenen Beispielen geht die im Nebensatz ausgedrückte Handlung der Handlung des Hauptsatzes voraus. Der Nebensatz mit als kann aber auch einen Vorgang bezeichnen, der zeitlich dem des Hauptsatzes nachfolgt.

Herr Friedemann hatte kaum seinen Dank und seine Zusage hervorgebracht, als der Türgriff energisch niedergedrückt wurde und der Oberstleutnant eintrat. (Th. Mann)

Wenn beide Handlungen unmittelbar aufeinander folgen und der zeitliche Abstand zwischen ihnen nur ganz gering ist, wird im Haupt- und Nebensatz die gleiche Zeitform gebraucht.

Großvater Hardekopf warf, als er die beiden jungen Eheleute erblickte, seiner Frau einen erstaunten Blick zu... (W. Bredel)

Als einmal der Junge die Milchkanne umstieß, sprang er los und schlug ihn. (A. Seghers)

Er lächelte, als er sie sah, und sagte: „Guten Abend, Frau Brenten!“ (W. Bredel)

Um die temporalen Konjunktionen als und wenn richtig zu gebrauchen, muß man folgendes im Auge haben:

Die Konjunktion als gebraucht man zur Bezeichnung einer einmaligen gleichzeitigen bzw. vorhergehenden Handlung in der Vergangenheit.

Als Ernst Thälmann Vorsitzender der Kommunistischen Partei Deutschlands wurde, stand er vor der Vollendung seines vierzigsten Lebensjahres. (W. Bredel)

Als er gestorben war, nahm meine Mutter Heimarbeit für Fabriken an.“ (A. Seghers)

Wenn eine einmalige vergangene Handlung durch das Präsens bezeichnet wird (praesens historicum), wird gleichfalls die Konjunktion als gebraucht.

...als des Schutzmanns markante Erscheinung vor ihr auftaucht, steuert sie kurz entschlossen auf ihn zu und bestürmt ihn mit Fragen. (W. Bredel)

Die Konjunktion wenn gebraucht man:

1. zur Bezeichnung einer gegenwärtigen bzw. zukünftigen Handlung;

Cäsar blickt sich mehrmals nervös um, wenn er den Gang hinuntergeht. (B. Brecht)

„...Wenn die Republik auf Leben und Tod kämpft, darf sie keine Verräter, nicht einmal Schwächlinge in ihren Reihen dulden...“ (W. Bredel)

Wir sprechen noch einmal ruhig darüber, wenn ich zurück sein werde. (A. Seghers)

Und wenn du meinen ersten Satz gehört haben wirst, so wirst du ruhiger werden. (Th. Fontäne)

2. zur Bezeichnung einer wiederholten, mehrmaligen Handlung in der Vergangenheit.

Noch niemals hatten sie sich die Hände gegeben, wenn er des Morgens zur Arbeit ging. (W. Bredel)

Jedesmal, wenn er ins Zimmer trat, tat er, als sei er höchst überrascht, den Kranken noch am Leben zu finden. (W. Bredel)

Die Konjunktion wenn gebraucht man auch in den Konditionalsätzen. Zuweilen ist es schwer zu bestimmen, ob wenn einen Temporal- oder einen Konditionalsatz einleitet.

„Grünlich vernachlässigte mich, und wenn er einmal bei mir saß, so las er die Zeitung...“ (Th. Mann)

Wenn man so im Walde gelaufen ist, bekommt man Appetit, nicht wahr?“ (W. Bredel)

Anmerkung. Den deutschen Temporalsätzen mit den Konjunktionen als und wenn entsprechen im Russischen die Temporalsätze mit der Konjunktion когда: Vgl.:

Als Gustav Stürck nach Hause kam, fand er das Bodennest leer. (W. Bredel) Когда Густав Штюрк вернулся домой, он нашел чердак пустым.
Er war tief beglückt. Noch niemals hatten sie sich die Hände gegeben, wenn er des Morgens zur Arbeit ging. (W. Bredel) Он был счастлив. Еще никогда они не прощались за руку, когда он уходил по утрам на работу.

§ 351. Die Konjunktionen wie, da und wo gebraucht man zur Bezeichnung einer einmaligen Handlung. Dabei kann die im Nebensatz ausgedrückte Handlung mit der Handlung des Hauptsatzes gleichzeitig geschehen oder ihr vorausgehen. Diese Konjunktionen kommen nicht besonders häufig vor. Da und wo werden meist gebraucht, wenn der Hauptsatz eine Adverbialbestimmung der Zeit enthält.

Wie er an seine Maschine zurückgeht, blickt Karl ihm nach... (W. Bredel)

Wie sie auf den Markt gegangen war, entdeckte ich unter dem Spülstein ein zusammengeknülltes Taschentuch.“ (A. Seghers)

Jetzt, da diese seltsame Ruhe um sie herum eingetreten war, schien sie zusammengefallen und um Jahre gealtert zu sein. (M. Zimmering)

Der Mann, da er noch am Leben war, im Oktober 1918, trat dem Spartakusbund bei. (A. Seghers)

Jetzt, wo der Mörser nicht mehr knirschte, war es vollkommen still. (A. Seghers)

§ 352. Nur zum Ausdruck der Vorzeitigkeit dienen im Nebensatz die Konjunktionen nachdem, kaum daß, sobald. In den Temporalsätzen mit nachdem wird die Vorzeitigkeit auch durch die Zeitformen ausgedrückt.

Jetzt, nachdem er unten an der Tür das verabredete Signal für freie Fahrt erblickt hat, ist ihm noch beklommener zumute. (W. Bredel)

Nachdem der Alte Hut und Stock in die Ecke gestellt hatte, setzte er sich in den Lehnstuhl... (Th. Storm)

Anmerkung. Wie bereits erwähnt, kann die Konjunktion als auch zum Ausdruck der Vorzeitigkeit dienen; in diesem Fall ist sie gleichbedeutend mit nachdem.

Als es Ostern geworden war, reiste Reinhard in die Heimat. (Th. Storm)

Die Konjunktionen sobald und kaum daß dienen zum Ausdruck der Vorzeitigkeit. Sie weisen auf die unmittelbare Aufeinanderfolge von Handlungen hin. Dabei kann im Haupt- und im Nebensatz auch die gleiche Zeitform gebraucht werden.

...sobald der Mond aufging..., tanzten sie im Mondschein weiter... (G. Keller)

...so hatte er die beiden jungen Leute, sobald Thomas reisefähig war, gemeinsam nach Pau abreisen lassen. (Th. Mann)

Henschke aber trat, kaum daß die Bahrenträger vorbei waren, wieder zu Küppers heran. (B. Uhse)

Kaum daß die beiden die Wohnung verlassen hatten, waren Cäciliens Augen voll Tränen. (W. Bredel)

Die Konjunktionen seitdem und seit geben die zeitliche Grenze für den Beginn des im Hauptsatz abgeschlossenen Vorgangs. Falls die Vorgänge im Haupt- und Nebensatz zugleich beginnen und fortdauern, gebraucht man in beiden Sätzen die gleiche Zeitform.

Zillich war zwar, seit er daheim war, unermüdlich hinter der Arbeit her. (A. Seghers)

Und seitdem sie auf war, ging sie im Zimmer auf und ab. (B. Balazs)

Findet aber die Handlung im Temporalsatz früher statt und kommt sie vor der arideren zum Abschluß, so haben der Nebensatz und der Hauptsatz verschiedene Zeitformen.

Seitdem Reinholds Brief aus Dresden angekommen war..., erschien ihm jeder weitere Wartetag noch unerträglicher als zuvor. (M. Zimmering)

Seit vor drei Wintern die Tanzstunde einmal in ihrem Hause gewesen war, liebte er sie. (H. Mann)

§ 353. Wenn der Temporalsatz einen Vorgang bezeichnet, der zeitlich der im Hauptsatz ausgedrückten Handlung nachfolgt, so wird er durch die. Konjunktionen bevor, bis, ehe an den Hauptsatz angeknüpft. Der Gebrauch der Zeitformen in den Temporalsätzen mit bevor und ehe ist frei.

Es vergehen oft Monate, oft fast ein Jahr, ehe ein Bewohner von Gschaid in das jenseitige Tal hinüberkommt... (A. Stifter)

Ehe er noch zu Ende dachte, wurde die Tür aufgerissen. (A. Seghers)

Ehe Heinrich ein Wort der Erwiderung fand, hatte Bekker das Zimmer verlassen und ließ Heinrich allein zurück. (W. Joho)

Sie waren elend vor Hunger. Aber... sie haben’s Geld auf den Tisch gelegt, bevor sie nach dem Brot gelangt haben. (A. Seghers)

Das hat der Westdeutsche Philipp Müller nicht für denkbar und möglich gehalten, bevor er es selbst erlebte... (W. Pollatschek)

Bevor aber Krebs seine Notlampe angezündet hatte, erfolgte noch näher ein zweiter Einschlag. (B. Kellermann).

Die Konjunktion bis weist darauf hin, daß die Handlung im Hauptsatz bis zu einem, bestimmten Zeitpunkt dauert, nämlich bis zum Beginn des Vorgangs des Nebensatzes. Im Haupt- und Nebensatz wird dabei meist die gleiche Zeitform gebraucht.

Es bedurfte großer Anstrengung, bis sie ihre Fassung wieder gewann... (B. Uhse)

Bis der erste Schnee fiel, mußte der Bau fertig sein. (B. Kellermann)

...es dauerte gar nicht lange, bis sie die „Quelle“ erreicht hatten... (Th. Mann)

Wenn der Temporalsatz durch die Konjunktion bis eingeleitet wird, so findet man im Hauptsatz zuweilen das Korrelat so, das die Rückbeziehung kenntlich macht.

...Arnold... streckt sein Gesicht so lange in den warmen Sonnenstrahl, bis er entschwunden ist... (W. Bredel)

Anmerkung. Den deutschen Temporalsätzen mit der Konjunktion bis entsprechen im Russischen die Temporatsätze mit пока. Dabei aber enthält der russische Temporalsatz die Negation не. Vgl.:

Lehnsal hatte bis zuletzt über seinem Buch gesessen, hatte gelesen, bis seine Kameraden gemeutert und verlangt hatten, daß das Licht ausgemacht würde. (W. Bredel) Лензаль до последней минуты жадно глотал свой роман, пока, наконец, приятели не взбунтовались и не потребовали, чтобы он погасил свет.

§ 354. In den Temporalsätzen wird der Indikativ gebraucht. Den Konjunktiv gebraucht man selten, namentlich wenn die Handlung des Hauptsatzes in die Vergangenheit gehört und der Nebensatz die relative Zukunft bezeichnet, meist in den Nebensätzen mit bis.

Jedes Jahr zu Silvester ließ ich den Anbruch des zwanzigsten Jahrhunderts stattfinden. Vielleicht hatte es sich verspätet oder wartete, bis ich zur Schule ginge... (J. R. Becher)

Sie... verlängerten den Kredit, bis Unrat wieder gewonnen haben würde. (H. Mann)

Der Adler gelobte, an der grauen Krähe Rache zu nehmen, sobald ihm die Flügel gewachsen sein würden. (Th. Storm)

Der Konjunktiv wird zuweilen auch gebraucht, wenn der Temporalsatz etwas nur als möglich Gedachtes ausdrückt.

Jetzt, wo ich sprechen, beweisen, die Genossen, unzählige Genossen retten könnte, ist es zu spät... (W. Bredel)

§ 355. Die Modalsätze (Adverbialsätze der Art und Weise). Der Modalsatz entspricht einer Adverbialbestimmung der Art und Weise. Er antwortet auf die Fragen wie?, auf welche Weise?, auf welche Art? Der Modalsatz kennzeichnet den Verlauf der Handlung des Hauptsatzes; er kann auch die begleitenden Umstände der Handlung des Hauptsatzes umschreiben. Der Modalsatz ist meist Nachsatz, manchmal auch Zwischensatz.

Die Proletarier können sich die gesellschaftlichen Produktivkräfte nur erobern, indem sie ihre eigene bisherige Aneignungsweise und damit die ganze bisherige Aneignungsweise abschaffen. (K. Marx/F. Engels)

Ihr Mann hatte sogar, ohne daß sie je etwas davon erfahren hatte, dann und wann Geld nach Bevensen geschickt... (W. Bredel)

§ 356. Es gibt konjunktionale und relative Modalsätze. Die konjunktionalen Modalsätze werden eingeleitet durch die Konjunktionen indem, ohne daß, anstatt daß, daß; wird der Modalsatz durch daß eingeleitet, so enthält der Hauptsatz das Korrelat dadurch.

Alle zogen ab, indem sie der Alten die Treppe hinunter halfen... (A. Seghers)

„Auf seine Fragen erzählte ich ihm aus meiner Kindheit. Wie fröhlich mein Leben damals gewesen wäre. Er sagte darauf, mein Leben sei dadurch fröhlich gewesen, daß man hunderttausend Kindern alles genommen hätte.“ (A. Seghers)

Modalsätze mit der Konjunktion daß und dem Korrelat dadurch im Hauptsatz kommen den Kausalsätzen nahe.

Die Konjunktion ohne daß leitet Nebensätze ein, deren Handlung nicht stattgefunden hat.

Am besten verständigte er sich mit dem Senator, der über Politik und Gesellschaftliches hin eine Unterhaltung mit ihm sicher zu steuern wußte, ohne daß ein Unglück geschah. (Th. Mann)

Sie ging um Karlchen herum, ohne daß er etwas davon gemerkt hätte. (B. Balazs)

Die Modalsätze mit ohne daß werden gewöhnlich gebraucht, wenn die Subjekte im Haupt- und im Nebensatz verschiedene Personen bezeichnen. Falls ein und dieselbe handelnde Person gemeint wird, verwendet man die Infinitivgruppe mit ohne... zu (s. § 180). Vgl.:

„Komm“, sagte er... Und ihr Schritt ging mit, ohne daß sie selber es empfand. (St. Zweig)

Unwillkürlich hemmte auch sie den Schritt, ohne es zu wollen, ohne es zu wissen. (St. Zweig)

Die relativen Modalsätze werden durch das Relativadverb wobei eingeleitet.

Die Brille aus dem Futteral zu nehmen, wobei die Hand die Fotografie halten muß, ist nicht leicht. (B. Balazs)

„Du brauchst nicht zu schreien!“ verwies er Wittkamp, wobei seine helle Stimme selber einen kreischenden Ton annahm... (B. Uhse)

...sie berichtete rasch, wobei die Worte ineinanderflossen... (B. Uhse)

(Über die Sätze mit wobei s. auch §§ 349 u. 379.)

In den Modalsätzen wird meist der Indikativ gebraucht. In den Sätzen mit der Konjunktion ohne daß kommt jedoch meist der Konjunktiv vor; er wird hier absolut gebraucht.

Mit jedem Pflügen verlor er hüben und drüben eine Furche, ohne daß ein Wort darüber gesprochen worden wäre und ohne daß ein Menschenauge den Frevel zu sehen schien. (G. Keller)

Anmerkung. Für die deutschen Modalsätze findet sich in der russischen Sprache kein entsprechender Nebensatz. Vgl.:

Mehrere Minuten mochten vergangen sein, ohne daß ein Laut oder auch nur ein Stuhlrükken vernehmbar gewesen wäre... (W. Bredel) Прошло, верно, много времени в мертвой тишине, не нарушаемой ни единым звуком, даже скрипом стула.
Ihr Mann hatte sogar, ohne daß sie je etwas davon erfahren hatte, dann und wann Geld nach Bevensen geschickt, wo Emil bei einem Schneidermeister in der Lehre gewesen war. (W. Bredel) Муж тайком от нее даже посылал время от времени деньги в Бевенсен, где Эмиль жил в учениках у портного.
Wiederum aber war Christa ja nicht die Frau, der man phantastische Lügen erzählen konnte, ohne daß sie von ihm eine Erklärung gefordert hätte. (B. Kellermann) Но нет, Криста не такая женщина, чтобы поверить любому вранью, она потребовала бы от него объяснения.
„Wir haben uns zuweilen bei Justizrat Schwabach gesprochen, Herr Kollege Schilling?“ sagte er zu seinem eigenen Erstaunen sehr ruhig, indem er den Brief entgegennahm. (B. Kellermann) „Мы несколько раз встречались с вами у советника юстиции Швабаха, коллега Шиллинг?“ — к собственному изумлению спокойно проговорил он и взял письмо.
„Sagen Sie mir, ist das alles wahr?“ fragte er, indem er an Fahle herantrat. (B. Kellermann) „Скажите, все это правда?“ спросил он, подходя к Фале.
Er machte Toilette und kleidete sich mit großer Sorgfalt an, wobei er sich aufmerksam im Spiegel musterte. (B. Kellermann) Он стал одеваться с особой тщательностью, внимательно разглядывая себя в зеркале.

§ 357. Die Komparativsätze (Adverbialsätze des Vergleichs). Der Komparativsatz vertritt eine Adverbialbestimmung des Vergleichs und vergleicht die Handlung des Hauptsatzes mit der des Nebensatzes. Der Komparativsatz antwortet auf die Präge wie?

Aber auch mich sah der Harz, wie mich nur wenige gesehen... (H. Heine)

Wieder sah sich der Vater um, als fehlte noch was. (J. R. Becher)

Je aufmerksamer der Junge zuhörte, desto mehr kam Paul in den Sinn. (A. Seghers)

Die Komparativsätze werden dem Hauptsatz meist nachgestellt, doch können sie auch Vordersätze, seltener Zwischensätze sein.

Das Schreiben fiel ihm schwerer, als er gedacht hatte. (L. Frank)

Als ob es an ihm sei, sich zu entschuldigen, erzählte er eine entlegene Geschichte aus dem Jahr Dreiundzwanzig. (A. Seghers)

Fräulein von Wenzlow stand so schnell, wie sie konnte, auf. (A. Seghers)

§ 358. Ihrer Bedeutung nach gliedern sich die Komparativsätze in reale und irreale.

Im Satzgefüge mit einem realen Komparativsatz wird die Handlung des Hauptsatzes mit einem Vorgang bzw. einem Zustand verglichen, der in Wirklichkeit stattfindet, stattgefunden hat oder stattfinden soll.

Wenn ich als Kind im Bett lag und noch nicht einschlafen konnte, phantasierte ich, wie es wohl alle Kinder tun. (R. Leonhard)

Die realen Komparativsätze werden eingeleitet durch die Konjunktionen wie, als und durch die mehrteiligen Konjunktionen je... desto, je... um so. Diese Sätze werden wiederum in zwei Gruppen eingeteilt: 1) die realen Komparativsätze der Gleichheit und 2) die realen Komparativsatze der Ungleichheit.

Die realen Komparativsätze der Gleichheit werden durch die Konjunktion wie (seltener durch als) eingeleitet. Im Hauptsatz steht dabei oft ein Adverb bzw. ein prädikatives Adjektiv im Positiv (meist mit dem Korrelat so, das die Rückbeziehung kenntlich macht).

Er mochte seine Unschuld beweisen, wie er wollte, es half nichts... (W. Hauff)

Die Kleine wird mich so zärtlich empfangen, wie ich es mir von ihrer Mutter wünschte. (A. Seghers)

Er nahm sogleich den Hut vor mir ab und verneigte sich so tief, als noch niemand vor mir getan hatte. (A. Chamisso)

Die realen Komparativsätze der Ungleichheit werden eingeleitet durch die Konjunktion als (selten durch als daß).

Im Hauptsatz steht gewöhnlich ein Adverb bzw. ein Adjektiv im Komparativ.

„Das Dorf bekam einen neuen Bürgermeister. Er sah älter aus, als er war.“ (A. Seghers)

„Hören Sie mal, wir wissen mehr, als Sie ahnen; es ist besser, Sie sagen es, als daß ich es Ihnen sage...“ (W. Bredel)

„Alt, alt sind wir geworden, Genösse Bebel.“ Hardekopf fühlt es mehr, als daß er es denkt. (W. Bredel)

§ 359. Eine besondere Abart der realen Komparativsätze bilden die sogenannten Proportionalsätze. Sie drücken eine gleichmäßige Steigerung aus und werden eingeleitet durch die mehrteiligen Konjunktionen je... desto, je... um so, wobei je im Nebensatz, desto, um so im Hauptsatz stehen. Der Haupt- und der Nebensatz sind inhaltlich und grammatisch aufs engste miteinander verbunden. Beide Sätze enthalten in der Regel ein Adjektiv bzw. ein Adverb im Komparativ; Die Proportionalsätze sind meist Vordersätze.

Je höher man den Berg hinaufsteigt, desto kürzer, zwerghafter werden die Tannen... (H. Heine)

Je näher er dem Ziel rückte, desto schärfer war die Kontrolle. (A. Seghers)

Er redete um so eifriger fort, je beharrlicher Hermann schwieg. (A. Seghers)

Anmerkung. Die Proportionalsätze werden zuweilen als Sätze der Gegenüberstellung aufgefaßt. (Vgl. Л. Р. 3индер и Т. В. Строева. Современный немецкий язык. М., 1957.)

In den realen Komparativsätzen wird der Indikativ gebraucht. Zuweilen kommt auch der potentiale Konjunktiv vor.

Auf einmal fing Lotte zu sprechen an, wie sie sonst nur mit Hermann gesprochen hätte. (A. Seghers)

§ 360. Die irrealen Komparativsätze drücken einen Vorgang, einen Zustand aus, der als möglich vorausgesetzt wird, der Wirklichkeit aber nicht entspricht. Der Vergleich enthält somit etwas Irreales, fatsch Vorausgesetztes oder gar Phantastisches.

In der halboffenen Tür stand Fräulein Liesbeth so gerade, als ob sie einen Besenstiel geschluckt hätte... (B. Balazs)

Die irrealen Komparativsätze werden durch die Konjunktionen als, als ob, als wenn, und seltener wie wenn eingeleitet. Sie haben die übliche Wortfolge des Nebensatzes mit der Endstellung des finiten Verbs; nur in den Sätzen mit der Konjunktion als steht das finite Verb unmittelbar nach der Konjunktion.

Er nahm ein Lineal auf und bewegte es, als schlüge er den Takt. (R. Leonhard)

Harry war ein stattlicher junger Mann geworden und trug seine neue Offiziersuniform, als ob er mit ihr auf die Welt gekommen wäre. (B. Kellermann)

„Der Herr Doktor ist eben gestorben.“ Ich fühlte nicht viel mehr dabei, als wenn er gesagt hätte: Der Herr Doktor ist ausgezogen. (H. Heine)

Anmerkung. Nebensätze, die einen irrealen Vergleich zum Inhalt haben, können auch Prädikativ- oder Attributsätze sein (s. §§ 339 u. 342).

Wallner brach plötzlich ab. Er hatte den Eindruck, als höre Hilde gar nicht zu. (M. Zimmering)

...nun war es, als trete etwas Fremdes zwischen sie. (Th. Storm)

In den irrealen Komparativsätzen wird der Konjunktiv gebraucht, da diese Sätze einen angenommenen irrealen Vergleich enthalten, während das Prädikat des Hauptsatzes einen realen Vorgang, eine Tatsache ausdrückt und deshalb in einer beliebigen Zeitform des Indikativs gebraucht werden kann.

Die Zeitformen des Konjunktivs haben in irrealen Komparativsätzen relative zeitliche Bedeutung: sie weisen darauf hin, daß die Handlung des Nebensatzes mit der des Hauptsatzes gleichzeitig geschieht, ihr nachfolgt oder vorausgeht. Die Zeitform des irrealen Komparativsatzes hängt von der Zeitform des Hauptsatzes nicht ab.

Zum Ausdruck der Gleichzeitigkeit dienen das Präsens bzw. das Präteritum Konjunktiv, die im irrealen Komparativsatz gleichbedeutend sind.

Jean Meunier sprach finster und grollend, als ob alles schiefgehe... (W. Bredel)

...er wälzt sich von einer Seite auf die andere, stöhnt und ächzt..., als ob ihn Schmerzen quälten. (W. Bredel)

Das Perfekt und das Plusquamperfekt Konjunktiv drükken im irrealen Komparativsatz die Vorzeitigkeit aus.

Ich sehe heute noch alles so deutlich vor Augen, als sei es gestern gewesen. (A. Seghers)

Er betrachtete sie so genau, als hätte er sie noch nie gesehen... (A. Seghers)

Zum Ausdruck eines angenommenen Vorgangs, der zeitlich der Handlung des Hauptsatzes nachfolgen soll, dienen der Konditionalis I, das Futur I Konjunktiv (selten) sowie das verbale Prädikat mit dem Modalverb wollen im Präsens oder Präteritum Konjunktiv.

Nur als sie die Kochkiste zumachte, verweilte ihre Hand einen Augenblick auf dem Deckel, als würde sie ihn zärtlich streicheln. (B. Balazs)

Sie war klein und dünn, trug aber den Kopf so hoch, als ob sie sich immer recken wollte. (B. Balazs)

...und es sieht so aus, als ob sich der Kampf in der ersten Minute entscheiden werde. (M. Künne)

Als Ausnahme kommt in irrealen Komparativsätzen auch der Indikativ vor.

Und diese Beschäftigung bereitete ihm eine ganz ähnliche Genugtuung, wie wenn er mit seiner Geige... in seinem Zimmer umherging... (Th. Mann)

Eduard sieht aus, als ob er einen Schlaganfall kriegen wird. (E. M. Remarque)

Gebrauch der Zeitformen des Konjunktivs in den irrealen Komparativsätzen

Tabelle 1

Hauptsatz Indikativ Komparativsatz Konjunktiv Zeitverhältnis
Eine beliebige Zeitform Präteritum
Präsens
oder Gleichzeitigkeit
Plusquamperfekt
Perfekt
oder Vorzeitigkeit
Konditionalis I
Futur I
oder relative Zukunft

Tabelle 2

Hauptsatz Komparativsatz Zeitverhältnis
Es Ist so kalt
Es war so kalt
als ob es schneite.
als ob es schneie.
Gleichzeitigkeit
Es ist so kalt gewesen als ob es geschneit hätte.
als ob es geschneit habe.
Vorzeitigkeit
Es war so kalt gewesen als ob es schneien würde.
als ob es schneien werde.
relative Zukunft

§ 361. Die Konsekutivsätze (Folgesätze). Der Konsekutivsatz vertritt eine Adverbialbestimmung der Folge und drückt die Folgen der Handlung des Hauptsalzes aus. Konsekutive Adverbialbestimmungen kommen in der Sprache nicht oft vor; meist werden die entsprechenden Beziehungen durch konsekutive Nebensätze ausgedrückt. Die Konsekutivsätze antworten auf die Fragen: wie?, in welchem Maße?, bis zu welchem Grade?, mit welcher Folge? Die Konsekutivsätze sind stets Nachsätze.

Frau Hardekopfs lautes erregtes Sprechen, das verblüffte Schweigen des Polizisten — das alles war so ungewöhnlich, daß die Leute zusammenliefen. (W. Bredel)

Nach der Art der Verbindung mit dem Hauptsatz sind Konsekutivsätze konjunktionale Nebensätze; sie werden eingeleitet durch die Konjunktionen so daß, daß, als daß.

Ihre Kleider konnten auch heute getragen werden, doch war mit Sorgfalt alles Modische vermieden, so daß man nicht erkannte, welchem Volk und welcher Zeit sie angehörten. (L. Feuchtwanger)

Dann kletterte er so geschwind den Bahndamm hinauf, daß er Volpert einholte. (A. Seghers)

Die Trauerstimmung lag noch zu schwer und ernst in der Luft, als daß Tony ihrer Entrüstung in lauteren und stärkeren W orten hätte Ausdruck geben mögen. (Th. Mann)

Die Konsekutivsätze beziehen sich in der Regel auf Adjektive oder Adverbien, die im Hauptsatz als Prädikativ bzw. als Adverbialbestimmung auftreten. Meist werden sie durch so, genug, zu verstärkt, die als Korrelate zu betrachten sind.

Ist der Konsekutivsatz durch die Konjunktion daß eingeleitet, so enthält der Hauptsatz das Korrelat so (selten genug).

Er war so müde, daß er in den Kleidern einschlief. (A. Seghers)

Plötzlich taumelte der General so stark, daß er in einen Sessel fiel. (B. Kellermann)

Das Vereinsleben war nicht dicht genug, daß nicht von außen her sich allerlei Beunruhigendes Zugang verschaffte. (J. R. Becher)

Manchmal ist es nur das Korrelat so, das die Rückbeziehung kenntlich macht.

Frau Vogelmann... war der Schreck so in die Glieder gefahren, daß sie krank geworden war und sich hinlegen mußte. (W. Bredel)

Ist der Konsekutivsatz durch die Konjunktion so daß eingeleitet, so enthält der Hauptsatz kein Korrelat.

Es ging jetzt fast steil den Berg hinab, so daß die untenstehenden Bäume wieder Schatten gewährten. (Th. Storm)

Er hatte den steifen Hut aufbehalten und saß zusammengekrümmt, so daß sein Gesicht nicht zu sehen war. (B. Kellermann)

Die Konjunktion als daß dient zur Einleitung von Konsekutivsätzen, die eine negative oder eine irreale Folge der Handlung des Hauptsatzes ausdrücken. Als Korrelate stehen im Hauptsatz genug oder zu.

Jetzt lag das Vergangene zu weit zurück, als daß es noch weh tat... (A. Seghers)

Franz beherrschte sich, aber nicht gut genug, als daß nicht Hermann in seinem Gesicht die Bestürzung wahrgenommen hätte... (A. Seghers)

§ 362. In den Konsekutivsätzen mit den Konjunktionen daß und so daß wird der Indikativ gebraucht. Der Konjunktiv steht nur, wenn der Nebensatz etwas als möglich Gedachtes ausdrückt.

Auf dem Tal liegt der Nebel so dicht und so flach, daß man meinen könnte, die Ebene sei hochgestiegen... (A. Seghers)

In den Nebensätzen mit als daß wird sowohl der Indikativ als auch der Konjunktiv gebraucht. Dabei haben die Zeitformen des Konjunktivs absolute zeitliche Bedeutung (das Präteritum Konjunktiv dient zum Ausdruck der Gegenwart und Zukunft, das Plusquamperfekt Konjunktiv zum Ausdruck der Vergangenheit).

Zu vertraut waren ihm die Häuser, Palais und Kirchen gewesen, als daß er daran vorüberzugehen vermochte, ohne ihren jetzigen Zustand mit dem Bild der Erinnerung zu vergleichen. (M. Zimmering)

...aber heute hat er mich zu tief beleidigt, als daß ich ihm vergeben könnte. (W. Hauff)

Crisanta merkte gleich, daß es hier viel zu eng war, als daß sie hätte bleiben können. (A. Seghers)

Die Konjunktion als daß leitet auch Nebensätze ein, die von allen Dingen (Eigenschaften, Vorgängen) das einzige in Frage kommende bezeichnen. Im Hauptsatz steht dabei das Negativpronomen nichts. Solche Nebensätze können kaum zu den Konsekutivsätzen gezählt werden, doch läßt sich ihre syntaktische Funktion nicht genauer bestimmen.

Es war ein Junge von sieben Jahren und ein Dirnchen von fünfen, beide gesund und munter, und weiter war nichts Auffälliges an ihnen, als daß beide sehr hübsche Augen hatten... (G. Keller)

Ich weiß weiter nichts, als daß sie zu ihrer Mutter nach Berlin ziehen wollte. (M. Zimmering)

„Es bleibt nichts übrig, als daß Sie mir Ihre Studentenlieder vorspielen, Morten, obgleich es mich greulich langweilt.“ (Th. Mann)

(Über die Komparativsätze mit der Konjunktion als daß s. § 358.)

§ 363. Die Kausalsätze (Adverbialsätze des Grundes). Der Kausalsatz übt die Funktion einer Adverbialbestimmung des Grundes aus. Er gibt den Grund der Handlung des Hauptsatzes an und antwortet auf die Fragen: warum?, weshalb?, aus welchem Grunde? Die Kausalsätze sind Vorder- oder Nachsätze; bedeutend seltener sind sie Zwischensätze. Sie sind stets konjunktionale Sätze und werden durch die Konjunktionen da und weil eingeleitet; im Hauptsatz steht zuweilen das Korrelat so.

Da es spät geworden war, gingen sie sofort schlafen. (W. Bredel)

Sie wollte sich soeben eine Zigarette anzünden, unterließ es aber, da sie fühlte, wie stark ihre Hand zitterte. (B. Kellermann)

Dennoch tritt sie, da die angstvollen Bemühungen der Hebamme nicht fruchten wollen, hinzu, nimmt ihr das Neugeborene... aus den Händen... (W. Bredel)

...Frau von Malzahn war stolz, weil man ihr Gebäck lobte. (A. Seghers)

Weil ihm jeder abgeschlossene Raum zuwider war, war er ans Fenster getreten. (A. Seghers)

Da das Trauerjahr der Buddenbrooks noch nicht abgelaufen war, so wurden die beiden Verlobungen nur in der Familie gefeiert... (Th. Mann)

Kausalsätze werden zuweilen durch die Konjunktion daß eingeleitet, namentlich nach Verben und Ausdrücken der affektierten Äußerung.

Alfons Wotznik triumphierte, daß ihm dieses Beispiel eingefallen war. (B. Uhse)

Keller: Ich bin glücklich, daß Sie mich wie einen alten Bekannten des Hauses behandeln. (H. Sudermann)

Das Prädikat des Kausalsatzes steht meist im Indikativ; der Konjunktiv wird beim potentialen Charakter der Aussage gebraucht.

Ein anderes Mal hatte Fiedler geglaubt, denselben Mann meiden zu müssen, weil der ihn von früher kannte und unvorsichtig über ihn reden könnte. (A. Seghers)

§ 364. Die Finalsätze (Adverbialsätze des Zieles, des Zwekkes). Der Finalsatz übt im Satzgefüge die Funktion einer Adverbialbestimmung des Zweckes aus und gibt das Ziel, den Zweck der Handlung des Hauptsatzes an. Er antwortet auf die Fragen: wozu?, zu welchem Zweck?, mit welcher Absicht?

Petra mußte sie während der Fahrt stützen und halten, damit sie nicht vom Sitz fiel. (H. Fallada)

Ihrer Stellung nach sind die Finalsätze meist Nachsätze.

Er mußte aber mit seiner Familie aufs Feld, damit die Schulden nicht noch mehr wuchsen. (A. Seghers)

Die Finalsätze sind konjunktionale Sätze; sie werden eingeleitet durch die Konjunktion damit, seltener durch die Konjunktionen daß, auf daß.

Er... nahm sich vor,... an gar nichts mehr zu denken, damit der Schlaf kommen konnte. (W. Bredel)

„Bist du elend, binde mich an dein Elend, daß ich es dir tragen helfe.“ (A. Chamisso)

Und dich, mein lieber Chamisso, hab’ ich zum Bewahrer meiner wundersamen Geschichte erkoren, auf daß sie vielleicht, wenn ich von der Erde verschwunden bin, manchen ihrer Bewohner zur nützlichen Lehre gereichen könne. (A. Chamisso)

§ 365. In den Finalsätzen wird sowohl der Indikativ als auch der Konjunktiv gebraucht, jedoch tritt neuerdings der Konjunktiv immer mehr vor dem Indikativ zurück. Die Zeitformen des Indikativs werden in den Finalsätzen absolut gebraucht: das Präsens Indikativ für die Gegenwart und Zukunft, das Präteritum Indikativ für die Vergangenheit.

Bitte, Onkel Schramm, geben Sie ein Handtuch, damit ich richtig verbinden kann! (B. Balazs)

Er mußte aber mit seiner Familie aufs Feld, damit die Schulden nicht noch mehr wuchsen. (A. Seghers)

Der Konjunktiv wird in den Finalsätzen relativ gebraucht. Das Präsens bzw. das Präteritum Konjunktiv weist darauf hin, daß die Handlung des Nebensatzes der des Hauptsatzes nachfolgt oder (seltener) gleichzeitig mit dieser stattfindet.

...Mops gab mir erneut den Rat, mich an Gott zu wenden, damit er mein Gefühl in Ordnung bringe... (J. R. Becher)

Die Zuhörer... verloren sich in dem weiten Saal, der nur mäßig erhellt war, auf daß die Vorgänge auf der Bühne besser beleuchtet seien. (L. Feuchtwanger)

Er rückte noch mehr ab, auf daß es zwei sauber getrennte Schatten gäbe. (A. Seghers)

§ 366. Im Satzgefüge mit einem Finalsatz bezeichnen die Subjekte des Haupt- und des Nebensatzes in der Regel verschiedene Personen. Sonst wird meist die Infinitivgruppe mit um... zu gebraucht (s. § 180). Vgl.:

Sie drehte dabei den Schlüssel noch einmal zurück, damit das Kind nachts mal herausschlüpfen konnte, wenn alles schlief. (A. Seghers)

Professor Fetscher... nahm die randlose Brille ab, um sie zu putzen. (M. Zimmerung)

...ich... kroch... mit einem Stück Seile, damit die Polizisten abrutschen, wenn sie den Turm hinaufklettern wollten, um unsere Fahne herunterzureißen. (A. Seghers)

Anmerkung. Den deutschen Finalsätzen mit der Konjunktion damit entsprechen im Russischen Finalsätze, die durch die Konjunktion чтобы eingeleitet werden. Die Konjunktion чтобы leitet im Russischen auch Infinitivgruppen mit finaler oder konsekutiver Bedeutung ein sowie Objektsätze, denen im Deutschen daß-Sätze entsprechen. Vgl.:

Großmutter hob das Enkelkind aus den Kissen, damit alle es sehen sollten. (W. Bredel) Бабушка взяла внука на руки, чтобы все могли его лицезреть.
Großmutter Hardekopf saß jedoch schon längst nicht mehr bei ihrer Tochter. Um die junge Mutter nicht zu erregen, hatte sie es sich verkniffen, weiter nach dem Vater zu fragen. (W. Bredel) А бабушка Хардекопф уже давно ушла от своей дочери. Чтобы не волновать молодую мать, она решила не спрашивать об отце ребенка.
Erfahren sollten sie, daß durch ihn ihr Neffe der Gestapo ausgeliefert worden war. Sagen wollte er ihnen, daß er dafür sorgen würde, daß die ganze Verwandtschaft es erfuhr. (W. Bredel) Пусть узнают, что именно он выдал гестапо их племянника. И уж он, Штюрк, позаботится, чтобы об этом узнала вся родня.

§ 367. Die Konditionalsätze (Bedingungssätze). Der Konditionalsatz bedingt die Handlung des Hauptsatzes: er drückt die Bedingung aus, unter welcher die Handlung des Hauptsatzes geschehen konnte oder geschehen kann. Der Konditionalsatz vertritt eine Adverbialbestimmung der Bedingung; doch kommt diese in der Sprache ziemlich selten vor — die entsprechenden Beziehungen werden meist durch Konditionalsätze ausgedrückt. Die Konditionalsätze antworten auf die Fragen: in welchem Falle?, unter welcher Bedingung?

Der Stellung nach ist der Konditionalsatz entweder Vorder- oder Nachsatz, seltener ein Zwischensatz.

Wenn Sie jetzt kein Brot nehmen, werde ich böse“, schalt Anna. (M. Zimmering)

..."Er ist verloren, wenn er herkommt.“ (A. Seghers)

Da müßte man doch diesem Genossen schnell, wenn es noch geht, einen Wink geben. (B. Balazs)

Der Verbindung nach unterscheidet man konjunktionale und konjunktionslose Konditionalsätze. Die konjunktionalen Konditionalsätze werden eingeleitet durch die Konjunktionen wenn und falls.

Wenn es Ihnen recht ist, warten wir mit dem Kaffee, noch ein kleines Weilchen auf meine Schwiegereltern. (M. Zimmering)

Marie kam leise herein, um ihn nicht zu wecken, falls er noch schlief. (A. Seghers)

In den konjunktionslosen Konditionalsätzen steht das finite Verb an erster Stelle; der Hauptsatz enthält oft die Korrelate so oder dann.

Steht das Volk auf, ist es unbesiegbar.“ (W. Bredel)

Hätte Peterchen nicht immer nur in seinen Stadtplan geguckt, so würde er Karlchen bemerkt haben. (B. Balazs)

Er weiß: Nennt er ein Datum, einen Stichtag, dann muß es bis dahin auch geschafft sein, auf Biegen und Brechen. (W. Bredel)

§ 368. Die Konditionalsätze gliedern sich in reale und irreale Konditionalsätze.

Die realen Konditionalsätze drücken eine reale Bedingung aus, die vom Sprechenden als etwas Reales, etwas wirklich Existierendes dargestellt wird.

Denn was sollte werden, wenn die Befreiung Westfals nicht gelang? (B. Uhse)

Sie brauchen mich nicht zu nehmen, wenn Sie Angst haben. (A. Seghers)

Im Satzgefüge mit dem irrealen Konditionalsatz wird sowohl die Bedingung als auch deren Folge als etwas nicht Reales, etwas bloß Mögliches, Erwünschtes, Vorausgesetztes (Angenommenes) oder sogar Unmögliches dargestellt.

Er hätte den Heisler wahrscheinlich bei sich aufgenommen, wenn er allein gelebt hätte. (A. Seghers)

§ 369. In den realen Konditionalsätzen wird der Indikativ gebraucht. Wenn im Satzgefüge die Vorgänge im Haupt- und Nebensatz als gleichzeitig gedacht werden, gebraucht man in beiden Sätzen die gleiche Zeitform. Wenn einer der Vorgänge früher stattfindet, bzw. stattfinden wird als der andere, gebraucht man im Haupt- und Nebensatz verschiedene Zeitformen.

„Ich will hier warten, bis du kommst. Mußt du fliehen, geh’ ich mit.“ (A. Seghers)

Wenn es ihm gelungen war, hinter dem Rücken des Postens hereinzukommen, mußte es ihm doch auch gelingen, wieder hinauszukommen. (B. Balazs)

§ 370. In den irrealen Konditionalsätzen wird der Konjunktiv gebraucht. Im Satzgefüge mit dem irrealen Konditionalverhältnis gebraucht man den potentialen Konjunktiv und folglich nur die präteritalen Zeitformen. Sie haben dabei absolute zeitliche Bedeutung. Wenn sich das irreale Konditionalverhältnis auf die Gegenwart bzw. Zukunft bezieht, so wird im Haupt- und Nebensatz das Präteritum Konjunktiv gebraucht. Dabei können die Handlungen des Haupt- und Nebensatzes, obwohl als irreal hingestellt, zuweilen doch verwirklicht werden.

Stünde die Fabrik nicht dort und wären auch die darumliegenden Häuser nicht, dann hätte sie einen Blick auf die Uferstraße an der Alster... (W. Bredel)

Das Plusquamperfekt Konjunktiv bezeichnet ein irreales Konditionalverhältnis, das sich auf die Vergangenheit bezieht und dessen Verwirklichung demgemäß vollkommen ausgeschlossen ist.

Sie hätte ihn gewiß nach diesem Vorkommnis verlassen, wenn ihn nicht ein Sonderauftrag nach Argentinien geführt hätte. (W. Bredel)

Neben dem Präteritum bzw. Plusquamperfekt Konjunktiv werden im Hauptsatz die Formen des Konditionalis I bzw. II gebraucht, die in diesem Fall mit den obengenannten Formen gleichbedeutend sind. Der Konditionalis I wird vorwiegend da gebraucht, wo die Formen des Präteritums Konjunktiv mit denen des Präteritums Indikativ übereinstimmen.

Wäre meine Hand in Ordnung,... keine Minute würde ich zögern, ihm nachzusetzen“ (W. Bredel)

„Was würdest du sagen, Christine, wenn ich jetzt plötzlich General wäre...“ (J. R. Becher)

Der alte Clasen würde es sehr übelnehmen, wenn der Sonntag den übrigen Tagen gliche... (W. Bredel)

Der Konditionalis II steht im Hauptsatz namentlich dann, wenn der Gebrauch desselben Hilfsverbs im Haupt- und Nebensatz vermieden werden soll.

Hätte sie aufgesehen und nach Sali geblickt, so würde sie entdeckt haben, daß er weder vornehm noch sehr stolz mehr aussah... (G. Keller)

Gebrauch der Zeitformen des Konjunktivs in den irrealen Konditionalsätzen

Zeitstufe Hauptsatz Nebensatz
Gegenwart und Zukunft Präteritum Konjunktiv
Konditionalis I
Präteritum Konjunktiv
Vergangenheit Plusquamperfekt Konjunktiv
Konditionalis II
Plusquamperfekt Konjunktiv

Wenn sich die Bedingung auf die Vergangenheit bezieht und die Folge auf die Gegenwart, werden im Hauptsatz und im Nebensatz verschiedene Zeitformen gebraucht: das Plusquamperfekt für die Vergangenheit, das Präteritum bzw. der Konditionalis I für die Gegenwart.

»Hätte ich mich nicht so lange mit diesem Lademann aufgehalten«, dachte er, »so könnten wir jetzt bald in Moskau sein.« (B. Uhse)

„Ich würde mich auch heftig wundern, wenn sie es nicht getan hätte“, rief die Baronin lachend aus... (B. Kellermann)

Wenn sich das Konditionalverhältnis auf die Vergangenheit bezieht und eine Handlung der anderen vorausgeht, so wird im Haupt- und Nebensatz das Plusquamperfekt gebraucht.

Hätte ich die von meinen Ahnen geschaffene Statue gefunden, dann hätte ich vielleicht versucht, sie wieder zum Leben zu erwecken. (E. E. Kisch)

§ 371. Im Satzgefüge mit einem Konditionalsatz sind im Haupt- und im Nebensatz auch verschiedene Modi .möglich. Ein realer Konditionalsatz kann als Bedingung für einen potentialen Vorgang im Hauptsatz dienen. Im letzteren wird dann sinngemäß der Konjunktiv gebraucht.

Wenn sie so eine Treppe haben, dachte Karl, hätten die Barone der Tante Marie auch ein größeres Zimmer geben können. (B. Balazs)

War der Alte mit seinen Söhnen Ludwig und Otto gegangen, hätte Frau Hardekopf wieder ins Bett kriechen können; doch sie dachte nicht daran. (W. Bredel)

§ 372. Die Konzessivsätze (Einräumungssätze). Der Konzessivsatz vertritt eine Adverbialbestimmung der Einräumung. Er antwortet auf die Fragen: trotz welchen Umstandes?, wessenungeachtet? und drückt eine Bedingung aus, trotz welcher die Handlung des Hauptsatzes vor sich geht. Der Stellung nach können die Konzessivsätze Vorder-, Zwischen- oder Nachsätze sein.

Obgleich er niemandem sein Ankunftsdatum mitgeteilt hatte, suchte er doch die Gesichter der am Ufer Stehenden ab. (M. Zimmering)

Von meiner Lehrzeit her aber wohlbekannt in der Stadt, war ich, obgleich viele Familien sich in den Seebädern befinden, auch gesellschaftlich sofort sehr lebhaft in Anspruch genommen. (Th. Mann)

Kein Wort des Vorwurfs traf sie, obgleich sie sich um zwanzig Minuten verspätet hatten. (W. Bredel)

§ 373. Nach der Art der Verbindung mit dem Hauptsatz unterscheidet man konjunktionale, relative und konjunktionslose Konzessivsätze. Die konjunktionalen Konzessivsätze gliedern sich ihrer Bedeutung nach in zwei Gruppen. Zur ersten Gruppe gehören die Konzessivsätze, die durch die Konjunktionen obwohl, obgleich, obschon, obzwar, wenngleich, wiewohl, trotzdem eingeleitet werden. Man kann diese Nebensätze als echte Konzessivsätze bezeichnen.

„Denn Ströbel hat keine Dienstboten im Hause, obschon er so reich ist...“ (B. Kellermann)

Ihn fror, obwohl er, unter der Sonne dahineilend, den Schweiß auf der Stirn unter der Mütze spürte. (B. Uhse)

Obzwar ich gegen den Verfasser... die heiligsten Verpflichtungen hege, so kann ich doch sein Werk nicht unbedingt empfehlen... (H. Heine)

Gegen sechs kam Wulf-Dieter. Es war eine stürmische Begrüßung, wenngleich sie durch männliche Zurückhaltung gemildert war. (M. Zimmering)

Oskar... zitterte vor Frost, wiewohl es nicht kalt war. (L. Feuchtwanger)

Mich erschüttert das manchmal noch, trotzdem ich es schon seit einiger Zeit weiß. (E. M. Remarque)

Zur zweiten Gruppe gehören die Konzessivsätze, die durch die Konjunktionen wenn (meist mit der Partikel auch), auch wenn eingeleitet werden. Diese Konzessivsätze kommen den Konditionalsätzen nahe.

...und wenn sie’s wirklich gewesen ist — ihr kann es gleich sein und ihr muß es gleich sein... (H. Fallada)

Aber es kommt gerade eine Straßenbahn vorbei. Die kann Karlchen einholen, auch wenn sie zweimal so schnell fährt. (E. Balazs)

Wenn es Walter zuweilen auch viel zu langsam voranging, er empfand doch Befriedigung bei seiner gefährlichen Tätigkeit. (W. Bredel)

Die Konzessivsätze mit der Konjunktion wenn sind jedoch von den Konditionalsätzen mit derselben Konjunktion zu unterscheiden. Vgl.:

Von einer so furchtbaren Demütigung, wie sie dieser Mann hier erlebte, erholte sich keiner mehr, und wenn er sein Herz mit noch so viel Skepsis, Vernunft, Tapferkeit umkrustet hatte. Und wenn er einmal, nach Jahren, sollte freigelassen werden, wird er den Makel des verurteilten Ketzers tragen... (L. Feuchtwanger)

Der erste wenn-Satz ist ein Konzessivsatz, der zweite ein Konditionalsatz.

§ 374. Die relativen Konzessivsätze werden eingeleitet durch Relativpronomen bzw. Relativadverbien welcher, was, wie, wo, wohin u. a. oder durch das Adverb so; solch ein Konzessivsatz enthält meist noch die Partikel auch (seltener noch, immer). Zum Ausdruck der Einräumung dient auch das Verb mögen. Die relativen Konzessivsätze haben meist einen verallgemeinernden Charakter.

...für Lungenkranke ist „Einfried“, was Doktor Leanders Neider und Rivalen auch sagen mögen, aufs wärmste zu empfehlen. (Th. Mann)

Seine Augenlider senkten sich, wie er sich auch anstrengen mochte. (B. Balazs)

Er hatte, so alt er war, nie das Bedürfnis nach Freundschaft gehabt. (A. Seghers)

Wie sich der Direktor auch anstrengte, er konnte Gilberts Verbindung nicht ausfindig machen. (A. Seghers)

Einige Konzessivsätze kommen stehenden Wendungen nahe: wie dem auch sei; wie es auch sei; koste es, was es wolle u. a.

Wie dem auch sei, wir, bester Freund, wir haben zuwenig getan — viel zuwenig. (W. Bredel)

„...da faßte ich den Entschluß, zurückzukehren — koste es, was es wolle...“ (B. Uhse)

Anmerkung. Die relativen Konzessivsätze entsprechen im Russischen den Sätzen mit кто(бы) ни, что(бы) ни, куда(бы) ни, как(бы) ни. Vgl.:

Alfons Schmergel war ein Schnelldenker, der, so sprudelnd er auch sprach, immer noch schneller dachte, als er sprechen konnte. (W. Bredel) Альфонс Шмергель принадлежал к числу людей, мыслящих с молниеносной быстротой. Как бы быстро он ни говорил, его мысли всегда обгоняли слова.

§ 375. Die konjunktionslosen Konzessivsätze enthalten meist die Partikel auch. Das finite Verb nimmt im Nebensatz die Spitzenstellung ein. Im Hauptsatz kommt zuweilen das Korrelat so vor.

Finden wir auch am Ende fast dieselben Hauptklassen wieder vor wie am Anfang, so waren doch die Menschen andre geworden, die diese Klassen bildeten. (F. Engels)

Anita... hatte aber das Zigeunerhafte in ihrem Aussehen nicht verloren. War ihr Gesicht auch schon recht alt und welk geworden, ihre großen dunklen Augen glühten immer noch. (W. Bredel)

Hermann äußerte ruhig und mäßig, aber doch deutlich eine, gewisse Möglichkeit, daß der Verhaftete auspacken könnte, sei es aus Schwäche, sei es aus Unerfahrenheit. (A. Seghers)

Nichts haßte der General mehr als Ansammlungen von Menschen, mochten sie groß oder klein sein... (B. Kellermann)

„Geh“, brummt ein alter Bär, | „Dergleichen Kunst, sie sei so schwer, | Sie sei so rar sie sei, | Zeigt deinen niedern Geist und deine Sklaverei.“ (G. E. Lessing)

§ 376. Die Wortstellung im Hauptsatz, dem ein Konzessivsatz vorausgeht (mit Ausnahme der konjunktionalen Konzessivsätze der ersten Gruppe), weicht in der Regel von der üblichen ab: das finite Verb nimmt nur selten die Anfangsstellung ein, der Hauptsatz weist gewöhnlich die Wortstellung eines selbständigen Satzes auf.

Und die Bauern in Bruchstedt? Wenn sie sich auch wenig anmerken lassen, aus vielen kleinen Handlungen und Bemerkungen ist doch zu ersehen, daß auch sie von dem, was sie in ihrem kleinen Dorf erlebt haben, stark beeindruckt sind. (W. Bredel)

Was auch noch mit uns beiden geschieht, lieber Jean, auf mich kannst Du immer bauen, als ob wir in einem Zimmer lebten.“ (A. Seghers)

So stillstehend ruhig auch das Leben dieser Leute erscheint, so ist es dennoch ein wahrhaftes, lebendiges Leben. (H. Heine)

Die Konzessivsätze gliedern sich in zwei Gruppen: in reale und irreale. Die konjunktionalen Konzessivsätze der ersten Gruppe können nur real sein, die konjunktionalen Konzessivsätze der zweiten Gruppe und die konjunktionslosen Konzessivsätze sowohl real als auch irreal. In den realen Konzessivsätzen wird der Indikativ gebraucht, in den irrealen der präteritale Konjunktiv. Der Gebrauch der Zeitformen ist derselbe wie in den irrealen Konditionalsätzen (s. § 370).

...Und wenn man es auch geglaubt hätte, würden die Einwohner von Bagdad von Storchen zum Kalifen gewollt haben? (W. Hauff)

Sie hätte sich nicht glatter verstellen können, auch wenn sie geahnt hätte, wie lückenlos die Überwachung war. (A. Seghers)

Und hätt’ er sich auch nicht dem Teufel übergeben, | Er müßte doch zu Grunde gehen! (J. W. Goethe)

Die relativen Konzessivsätze sind stets real. In diesen Sätzen wird der Indikativ und der präsentische Konjunktiv gebraucht. Von den Zeitformen des Konjunktivs wird nur das Präsens gebraucht, denn der Konjunktiv kann nur beim Ausdruck eines konzessiven Verhältnisses in der Gegenwart oder Zukunft verwendet werden.

Die großen Männer, die in Frankreich die Köpfe für die kommende Revolution klärten, traten selbst äußerst revolutionär auf. Sie erkannten keine äußere Autorität an, welcher Art sie auch sei. (F. Engels)

Was auch noch mit uns beiden geschieht, lieber Jean, auf mich kannst 'Du immer bauen...“ (A. Seghers)

So viel Mühe sich Hans Andreas auch gab — er konnte eine leichte Verlegenheit nicht ganz unterdrücken. (F. Erpenbeck)

§ 377. Die Restriktivsätze (Einschränkungssätze). Die Restriktivsätze drücken eine Bedingung aus, die zugleich die Wirkung des Hauptsatzes einschränkt. Ihrem Verhältnis zum Hauptsatz nach stehen die Restriktivsätze den Konditionalsätzen nahe. Die Restriktivsätze antworten auf die Fragen: inwiefern?, inwieweit? Sie können Vorder-, Zwischen- oder Nachsätze sein.

Insofern der Architekt seinen Gönnerinnen das beste wünschte, war es ihm angenehm, sie in der guten Gesellschaft des schätzbaren Gehilfen zu wissen. (J. W. Goethe)

Mit aufgehellter Miene, soweit sie sich aufhellen konnte, trat er ein. (B. Kellermann)

Er, Schieffenzahn, sei verantwortlich dafür, daß der Sieg den deutschen Waffen nicht entgleite, soweit es hier den Osten anging. (A. Zweig)

Die Restriktivsätze sind konjunktionale Sätze: sie werden eingeleitet durch die Konjunktionen insofern, sofern, inwiefern, wiefern, soweit, wieweit, soviel, nur daß.

Paul Papke war ein altiger Angeber... Vor Politik und Weibern warnte er ausgesetzt, sofern er unter Männern war. (W. Bredel)

Er sparte in allen Dingen, soweit das, ohne sich dem Gerede auszusetzen, tunlich war... (Th. Mann)

Sie hatte die gleichen braunen Augen wie Christa, nur daß sie um eine Schattierung dunkler waren... (B. Kellermann)

§ 378. Es gibt Restriktivsätze, die ihrer Form nach den Konzessivsätzen nahe kommen; gleich diesen enthalten solche Sätze ein so + ein Adverb bzw. Adjektiv; inhaltlich jedoch sind es Restriktivsätze, sie schränken die Handlung des Hauptsatzes ein.

Heinz war, so schnell ihn die Füße trugen, zur Station der Untergrundbahn geeilt. (B. Kellermann)

Rasch, so rasch seine zitternden Beine es zuließen..., folgte er den harten raschen Schritten... (B. Kellermann)

Vgl. die eben angeführten Beispiele mit folgendem Konzessivsatz:

Da muß ich Ihnen leider sagen, so unpopulär das vielleicht in diesem Kreise auch sein mag: mit diesen Menschen müssen wir rechnen... (J. R. Becher)

Zu den Restriktivsätzen werden meist auch solche Sätze gezählt wie „was deine Pläne angeht,...“, „was diese Angelegenheit betrifft“ u. a. Mit dem Inhalt des Hauptsatzes sind sie nur lose verbunden und kommen daher den Schaltsätzen nahe (vgl. § 390). Im Hauptsatz steht meist das Korrelat so.

Was Hanno betraf, so erhob er nur einen Augenblick den Kopf, verzog den Mund und blieb einfach sitzen. (Th. Mann)

Was Deine geschäftlichen Zukunftspläne angeht, mein Sohn, so erfreuen sie mich durch das lebhafte Interesse, das sich in ihnen ausspricht... (Th. Mann)

§ 379. Der weiterführende Nebensatz (die Satzapposition). Eine besondere Art von Nebensätzen bilden die sogenannten weiterführenden Nebensätze. Diese Nebensätze vertreten im Satzgefüge kein bestimmtes Satzglied und lassen sich nicht erfragen. Sie enthalten eine zusätzliche Mitteilung, die meist den Inhalt des Hauptsatzes ergänzt. Sie sind nur der Form nach untergeordnet, und das Satzgefüge mit solch einem Nebensatz kommt daher der Satzverbindung nahe.

Die weiterführenden Nebensätze werden durch das Relativpronomen was oder durch Relativadverbien eingeleitet. Der Stellung nach sind sie immer Nachsätze. Das Prädikat des weiterführenden Nebensatzes steht meist im Indikativ; der Konjunktiv wird beim potentialen Charakter der Aussage gebraucht.

Er hatte noch immer den größten Teil seiner freien Zeit in der Wirtschaft verbracht, was ihn etwas erleichtert hatte. (A. Seghers)

Geschke stand in einem Munitionsbetrieb, wovor er sich, solange es möglich gewesen war, gedrückt hatte. (A. Seghers)

Dann erzählten sie mir noch, daß es sich um einen wirklichen Vulkan handelt, woran ich eigentlich nie gezweifelt hatte. (E. E. Kisch)

...am Morgen des dritten Tages sprengten sie eine Brücke in der Nähe, wobei sie auch den Wagen in den Fluß stürzen ließen. (B. Uhse)

Hanno versuchte nicht zu entfliehen, was übrigens wenig nützlich gewesen wäre. (Th. Mann)

Anmerkung. In manchen Grammatiken werden diese Sätze zu den Attributsätzen gezählt, die sich auf den ganzen Satz beziehen (vgl.: Л. Р. Зиндер и Т. В. Строева. Современный немецкий язык. М., 1957).

Die direkte und die indirekte Rede

§ 380. Die direkte Rede. Eine besondere Abart des zusammengesetzten Satzes bilden Sätze mit der direkten Rede. Solche Sätze bestehen aus zwei Teilen; der eine enthält die direkte Rede, d. h. die Äußerung einer dritten Person in der Form einer wortgetreuen Wiedergabe, der andere die einleitenden Worte des Erzählenden, den sogenannten Ankündigungssatz.

Die Stellung des Ankündigungssatzes kann verschieden sein: er kann der direkten Rede vorausgehen, ihr nachgestellt oder mitten in sie eingeschoben werden. Geht die direkte Rede dem Ankündigungssatz voraus, so nimmt sie im Satz die Anfangsstellung ein. Der Ankündigungssatz beginnt dann mit dem finiten Verb. Meist wird die direkte Rede eingeleitet durch Verben des Sagens (sagen, fragen, antworten, sprechen, flüstern, erzählen u. a.), des Denkens (glauben, denken, meinen u. a.), auch durch Verben, die den Verlauf des Sprechakts bestimmen (bitten, jammern, quängeln, schimpfen, schreien, stottern) oder das Sprechen begleiten (lachen, weinen, schluchzen u. a.).

Suchen Sie etwas?“ fragte der alte Mann. (E. M. Remarque)

Eines Tages sagte er zu mir: „Du bist alt genug, die Sorgen, die meine Gesundheit untergraben, mit mir zu teilen.“ (Th. Mann)

Ja, ja“, schmunzelte Johann Buddenbrook, „aber die kleinen Napoleons waren nicht übel, was?“ (Th. Mann)

§ 381. Die indirekte (abhängige) Rede. Die indirekte Rede enthält die Worte einer dritten Person, die der Erzählende von sich aus wiedergibt; dabei verändert sich vor allem die grammatische Form der Aussage.

Anmerkung. Die Bezeichnung „nichtwörtliche Rede“, die in deutschen Grammatiken vorkommt, ist nicht völlig zutreffend, da eine Äußerung auch in der direkten Rede nicht immer wortgetreu wiedergegeben wird.

Die indirekte Rede kann Teil eines Satzgefüges sein oder als selbständiger Satz auftreten.

Das Satzgefüge mit der indirekten Rede besteht aus dem Hauptsatz, der die indirekte Rede einleitet, dem Ankündigungssatz, und dem Nebensatz, der die indirekte Rede enthält. Dieser Nebensatz wird durch die Konjunktionen daß und ob sowie durch Relativpronomen und Relativadverbien eingeleitet; er kann mit dem Ankündigungssatz auch asyndetisch verbunden werden und weist dann die Wortfolge eines selbständigen Satzes auf.

Meist hat die indirekte Rede die Form eines Objektsatzes, zuweilen die eines Attribut- oder Subjektsatzes (s. §§ 335, 342, 344), seltener die Form eines Adverbialsatzes.

Ihm war schon mitgeteilt worden, daß der Minister im Dorf sei. (W. Bredel)

Er sei vierunddreißig, sagte Kreß. Sein Fach sei die physikalische Chemie. (A. Seghers)

Da kam die Frage, wieweit sich die städtische Fürsorge seiner Kinder annehme. (A. Seghers)

Der Mann versprach ihm sein Trägergeld, wenn er ihn um zwölf Uhr am selben Tisch abhole. (A. Seghers)

Als sie nicht antwortete, noch die Augen öffnete, eilte er zu der Hausmeisterin hinunter... und forderte sie auf, zu der Erkrankten zu gehen und Hilfe zu leisten, während er einen Arzt herbeihole. (G. Keller)

Auch Nebensätze zweiten und dritten Grades können die indirekte Rede enthalten.

„Er fragte mich auch, ob ich nicht wiederkäme, um die Menschen kennenzulernen, denen ich heute geholfen hätte.“ (A. Seghers)

Ich hielt ihre Hand fest und sagte, ich würde sie nicht loslassen, auf keinen „Fall“, bevor sie mir nicht „noch einmal“ erzählt habe, wie ich zur Welt gekommen sei. (J. R. Becher)

Im Satzgefüge mit der indirekten Rede enthält der Ankündigungssatz in der Regel Verben des Sagens: sagen, melden, mitteilen, fragen, erwidern, erzählen u. a.; des Meinem und Denkens: meinen, glauben, vermuten, sich erinnern, denken, hoffen u. a., oder auch verbale Substantive mit entsprechender Bedeutung: Frage, Meldung, Meinung, Vermutung, Erinnerung, Gedanke, Glaube usw. Der Ankündigungssatz kann der indirekten Rede vorausgehen, ihr nachgestellt oder mitten in sie eingeschoben werden.

Ich meinte, er müsse das alles einem Kollegen schnell mitteilen.“ (A. Seghers)

Hermine sei seine Frau, erklärte er, und er halte zu ihr, das sei seine Pflicht. (W. Bredel)

Er sei vierunddreißig, sagte Kreß. (A. Seghers)

Er hatte nur den Wunsch, daß alles möglichst schnell vorbei sein möge... (B. Kellermann)

Die indirekte Rede kann auch von einem Ankündigungssatz abhängen, der kein Verb des Sagens enthält.

Da klappte mir... die Mutter von hinten den hochgeschlagenen Mantelkragen herunter, weil das zu unordentlich aussehe... (J. R. Becher)

Seine Frau steckte den Kopf herein, Besuch sei gekommen. (A. Seghers)

§ 382. In der indirekten Rede wird meist der Konjunktiv gebraucht. Der Konjunktiv kommt fast regelmäßig dann vor, wenn das Verb im Ankündigungssatz in einer Zeitform der Vergangenheit steht oder wenn der Satz mit der indirekten Rede konjunktionslos ist.

Man sagt, daß sie durchaus nicht mittellos seien... (Th. Mann)

Unrat fragte, ob der Pastor von der Künstlerin Fröhlich rede. (H. Mann)

Der Bauer nickt verschmitzt lächelnd und erwidert, er habe seine Wette mit dem Herrn Ministerpräsidenten verloren. (W. Bredel)

Auch der Indikativ kommt nicht selten in der indirekten Rede vor, namentlich in der Umgangssprache, wo er neuerdings immer mehr Verbreitung findet.

Walter hatte gern gewußt, ob sie Kiew schon hinter sich hatten. (W. Bredel)

Die andere klagt, daß die Bratpfanne, die sie von ihrer Großmutter erbte, gerade bei ihr unter dem Hochzeitsbraten der Enkelin zum erstenmal durchgeglüht ist. (A. Seghers)

Die Zeitformen des Konjunktivs haben in der indirekten Rede meist nicht die ihnen im selbständigen Satz eigene modale Bedeutung, sondern eine andere: sie kennzeichnen eine Aussage als die einer dritten Person und nicht die des Erzählenden selbst.

Schreckensbleich stürzte der Regisseur auf die Bühne und bat um Ruhe. Er wies darauf hin, daß dieser Schluß nicht von ihm stamme, daß ihn vielmehr Goethe nun einmal so gedichtet habe. (W. Bredel)

Anmerkung. Die direkte und die indirekte Rede haben jede ihre grammatischen Besonderheiten, haben aber auch ein wichtiges Merkmal gemein: sie dienen beide zur Wiedergabe der Worte einer dritten Person. Deshalb kann ein und dieselbe Aussage, ein und dieselbe Mitteilung sowohl in Form der direkten als auch in Form der indirekten Rede wiedergegeben werden. Beim Vergleich der indirekten Rede mit der direkten sollen nicht nur die Modi und Zeitformen der Verben, sondern auch der Gebrauch der Personal- und der Possessivpronomen beachtet werden.

Die Zeitformen des Konjunktivs haben in der indirekten Rede relative zeitliche Bedeutung: das Präsens bzw. das Präteritum drücken die Gleichzeitigkeit mit der Handlung des einleitenden Satzes aus; das Perfekt bzw. das Plusquamperfekt die Vorzeitigkeit; das Futur I bzw. der Konditionalis I die relative Zukunft.

In der indirekten Rede werden in der Regel die präsentischen Zeitformen des Konjunktivs gebraucht: das Präsens, Perfekt und Futur I Konjunktiv. Dabei übt die im Hauptsatz gebrauchte Zeitform des Verbs auf die Zeitform des Konjunktivs im Nebensatz keinerlei Einfluß aus. Vgl.:

  Direkte Rede   Indirekte Rede
Er sagt, sagte, hat gesagt: Gegenwart — Präsens Indikativ Er sagt, sagte, hat gesagt: Gleichzeitigkeit — Präsens Konjunktiv
Ich schreibe einen Brief an meinen Bruder.“ daß er einen Brief an seinen Bruder schreibe.
(er schreibe einen Brief an seinen Bruder.)
Vergangenheit — Präteritum, Perfekt, Plusquamperfekt Indikativ Vorzeitigkeit — Perfekt Konjunktiv
Ich schrieb einen Brief an meinen Bruder.“
Ich habe einen Brief an meinen Bruder geschrieben.“
Ich hatte einen Brief an meinen Bruder geschrieben.“
daß er einen Brief an seinen Bruder geschrieben habe.
(er habe einen Brief an seinen Bruder geschrieben.)
Zukunft — Futur I Indikativ Relative Zukunft — Futur I Konjunktiv
Ich werde einen Brief an meinen Bruder schreiben.“ daß er einen Brief an seinen Bruder schreiben werde. (er werde einen Brief an seinen Bruder schreiben.)

Kaum hatte der Arzt den Stab aus ihrer Kehle entfernt, schrie sie, er sei ein Tropf, aber kein Arzt... (W. Bredel)

„Mein Vater erzählte, es sei ihm früher noch schlechter gegangen.“ (A. Seghers)

Die Villard erzählte..., daß gestern mittag die Gestapo einen Mieter verhaftet habe... (A. Seghers)

Sie baute fest darauf, daß es Robby gelingen werde, den Vater zu überreden... (B. Kellermann)

Der Konjunktiv wird meist nicht gebraucht, wenn der Hauptsatz ein Verb in der 1. Person Singular bzw. Plural enthält. Auch die sogenannte Personenverschiebung tritt in diesem Falle nicht ein. Vgl.:

Direkte Rede Indirekte Rede
Ich sage: „Ich schreibe einen Brief.“ Ich sage, daß ich einen Brief schreibe.
Ich sage: „Er kommt heute um 8 Uhr abends.“ Ich sage, daß er heute um 8 Uhr abends kommen werde.

„Doch diesmal erzählte ich meinem Bräutigam, was ich gehört hatte“ (A. Seghers)

„Ich wußte, daß ich dich treffen würde, Ernst.“ (W. Bredel)

Wenn die direkte Rede eine Anrede enthält, so kann sie in der indirekten Rede durch ein Objekt (im Hauptsatz) wiedergegeben oder auch überhaupt ausgelassen werden. Vgl.:

Direkte Rede Indirekte Rede
Er schrieb: „Lieber Vater, in einer Woche werde ich zu Hause sein.“ Er schrieb dem Vater, er werde in einer Woche zu Hause sein.

§ 383. Die präteritalen Zeitformen — Präteritum, Plusquamperfekt und Konditionalis I — erscheinen in der indirekten Rede, wenn die Formen des Konjunktivs mit denen des Indikativs übereinstimmen und deshalb schwer zu erkennen sind. In diesem Fall haben die Zeitformen des präteritalen Konjunktivs dieselbe grammatische Bedeutung wie die des präsentischen Konjunktivs. Dabei entspricht das Präteritum Konjunktiv dem Präsens, das Plusquamperfekt dem Perfekt, der Konditionalis I dem Futur I Konjunktiv. Vgl.:

  Direkte Rede   Indirekte Rede
Sie sagen, sagten, haben gesagt: Gegenwart — Präsens Indikativ Sie sagen, sagten, haben gesagt: Gleichzeitigkeit — Präteritum Konjunktiv
Wir machen unsere Aufgaben.“ daß sie ihre Aufgaben machten. (sie machten ihre Aufgaben.)
Vergangenheit — Präteritum, Perfekt, Plusquamperfekt Indikativ Vorzeitigkeit — Plusquamperfekt Konjunktiv
Wir machten unsere Aufgaben.“
Wir haben unsere Aufgaben gemacht.“
Wir hatten unsere Aufgaben gemacht.“
daß sie ihre Aufgaben gemacht hätten. (sie hätten ihre Aufgaben gemacht.)
Zukunft — Futur I Indikativ Konditionalis I
Wir werden unsere Aufgaben machen.“ daß sie ihre Aufgaben machen wurden. (sie würden ihre Aufgaben machen.)

Auch Mutter hatte einmal von einem Ausflug im Harz erzählt, wie sie da eine Nacht im Wald geschlafen hätten und wie schön das gewesen sei. (B. Balazs)

Er rief, sie müßten sofort weg, sie seien entdeckt... (A. Seghers)

Geschke hatte den Kindern erzählt, sie bekämen jetzt eine neue Mutter. (A. Seghers)

Die Zeitformen des präteritalen Konjunktivs werden zuweilen auch dann gebraucht, wenn keine Übereinstimmung der Zeitformen des präsentischen Konjunktivs mit denen des Indikativs vorliegt. Dabei unterscheiden sie sich ihrer Funktion nach in nichts von den präsentischen Zeitformen.

„Mein Vater erzählte, es sei ihm früher noch schlechter gegangen. Er hätte im Dienst eines alten und reichen Hirten gestanden, er hätte nichts Eigenes besessen.“ (A. Seghers)

§ 384. Doch die präteritalen Zeitformen können in der indirekten Rede auch eine besondere Funktion haben, die dem präsentischen Konjunktiv nicht eigen ist. Sie werden gebraucht, wenn der Inhalt der fremden Aussage von dem Erzählenden angezweifelt wird, wenn der indirekten Rede eine unsichere Annahme zugrunde liegt.

Die Freunde sagten, sie wüßten nichts. Er sah ihnen an, daß sie etwas wußten. (L. Frank)

Einmal hatte Carl Brenten seine Frau gefragt, ob Hinrich eigentlich wüßte, daß er krank sei. Natürlich, hatte Frieda geantwortet, die ganze Verwandtschaft wisse es. (W. Bredel)

Wenn die direkte Rede den potentialen Konjunktiv enthält, so bleiben die Zeitformen des Konjunktivs in der indirekten Rede mit entsprechendem Inhalt unverändert. Vgl.:

Er sagte: „Es wäre noch nicht zu spät, wenn ich morgen früh hinginge.“ Er sagte, es wäre (nicht: sei!) noch nicht zu spät, wenn er morgen früh hinginge.

Anmerkung. Bei Wiedergabe der direkten Rede in Form der indirekten braucht nicht immer jede Verbalform im Indikativ durch eine entsprechende Form des Konjunktivs ersetzt zu werden. Dies ist der Fall, wenn die direkte Rede nicht nur die Äußerung, Meinung, den Gedanken einer Person enthält, sondern Angaben durchaus objektiven, allgemeingültigen Charakters.

...in der Ferne klang’s wunderbar geheimnisvoll, wie Glokkengeläute einer verlorenen Waldkirche. Man sagt, das seien die Herdenglöckchen, die im Harz so lieblich, klar und rein gestimmt sind. (H. Heine)

§ 385. Wie bereits obenerwähnt, kann die indirekte Rede im Deutschen auch die Form eines selbständigen Satzes haben. Diese Sätze sind konjunktionslos; als Merkmal ihrer Abhängigkeit tritt der Konjunktiv auf.

Sie würden ihn wahrscheinlich nicht in dem Auto abknallen, dachte Erwin. Sie würden ihn in der nächsten Minute irgendwie auf die Beine bringen. Sie würden ihn ein Stück von dem Auto entfernt umlegen, um sich Unannehmlichkeiten zu ersparen. (A. Seghers)

Doch der Maire von Melun... erklärte, Foullons Haus sei nunmehr Staatseigentum, die Stadt Paris gedächte darin alte und kranke Bürger unterzubringen. Das Haus gehöre also dem Volke; wenn man es zerstöre, zerstöre man Volkseigentum. (W. Bredel)

§ 386. Die indirekte Rede kann auch eine Frage oder eine Aufforderung zum Inhalt haben. Die indirekte Frage wird durch einen Nebensatz wiedergegeben, der durch die Konjunktion ob oder durch Relativpronomen bzw. Relativadverbien eingeleitet wird. Indirekte Fragesätze sind somit immer syndetisch verbunden. Für den Gebrauch der Modi in der indirekten Frage gelten die oben behandelten Regeln.

Indirekte Fragen, die durch ob eingeleitet werden, entsprechen einer direkten Frage ohne Fragewort (Satzfrage, Entscheidungsfrage). Vgl.:

Direkte Rede Indirekte Rede
Er fragte mich: „Kommt dein Freund bald?“ Er fragte mich, ob mein Freund bald komme.
Sie fragten uns: „Kommen Ihre Freunde bald?“ Sie fragten uns, ob unsere Freunde bald kämen.

Ein älterer Arbeiter, Diepold, fragte, ob er nicht Lust hätte, mal ein Ende mit ihm zu gehen. (A. Seghers)

Walter hätte gern gewußt, ob sie Kiew schon hinter sich hatten. (W. Bredel)

Indirekte Fragen, die durch ein Relativpronomen bzw. Relativadverb eingeleitet werden, entsprechen einer direkten Frage mit einem Fragewort (Wortfrage, Ergänzungsfrage). Vgl.:

Direkte Rede Indirekte Rede
Er fragte mich: „Was schreibt dein Freund?“ Er fragte mich, was mein Freund schreibe.
Sie fragten uns: „Wohin werden Sie im Sommer fahren?“ Sie fragten uns, wohin wir im Sommer fahren würden.

Er ging zu dem gefangenen Seeräuber und befragte ihn, wohin die Fahrt seines Schiffes ginge... (W. Hauff)

Wenn die indirekte Frage in Form eines selbständigen Satzes wiedergegeben wird, so behält sie die Wortfolge des Nebensatzes bei.

Ob es nicht für sie beide ein bedrückendes Gefühl sei, den ändern stets in unmittelbarer Gefahr zu wissen, fragte Walter. Ob Major Smirnow in schweren Stunden nicht innerlich ruhiger und gefaßter sein würde, wenn er seine Frau... bei ihrer Mutter in Taschkent wüßte. (W. Bredel)

§ 387. Nebensätze, die eine indirekte Aufforderung ausdrücken, sind in der Regel konjunktionslos und haben die Wortfolge eines selbständigen Satzes. Zum Ausdruck eines indirekten Befehls dient das zusammengesetzte verbale Prädikat mit dem Verb sollen im Präsens bzw. Präteritum Konjunktiv. Die Formen des Präteritums werden gebraucht, wenn die Formen des Präsens Konjunktiv mit denen des Präsens Indikativ übereinstimmen. Vgl.:

Direkte Aufforderung Indirekte Aufforderung
Er sagte: „Komm um 5 zu mir“. Er sagte, ich solle um 5 zu ihm kommen.
Er sagte: „Kommt um 5 zu mir“. Er sagte, wir sollten um 5 zu ihm kommen.

Er verlangte, sie solle sich auf den Diwan setzen, und sie setzte sich. (H. Mann)

Zum Ausdruck einer indirekten Bitte dient das zusammengesetzte verbale Prädikat mit dem Verb mögen im Präsens Konjunktiv. Vgl.:

Direkte Rede Indirekte Rede
Er sagte: „Komm, bitte, um 5 zu mir“. Er sagte (bat), ich möge um 5 zu ihm kommen.
Er sagte: „Kommt, bitte, um 5 zu mir“. Er sagte (bat), wir mögen um 5 zu ihm kommen.

Besonders Walter Brenten... bettelte immer wieder, Onkel Fritz möge noch mehr erzählen von den großen Meeren und jenem fernen Afrika. (W. Bredel)

Dem Vater aber sprach man zu, er möge sich in Gottes Willen schicken, es sei unmöglich, daß der Knabe am Leben bliebe... (Th. Mann)

Der mehrfach zusammengesetzte Satz

§ 388. Eine besondere Abart der zusammengesetzten Sätze bildet der sogenannte mehrfach zusammengesetzte Satz, in dem mehrere Haupt- und Nebensätze zu einem Satzganzen verbunden sind. Ein mehrfach zusammengesetzter Satz kann bestehen:

1. aus einem Hauptsatz und mehreren Nebensätzen, die sich unmittelbar auf den Hauptsatz beziehen. Die Nebensätze können dabei syndetisch bzw. asyndetisch verbunden sein; zuweilen sind die Nebensätze gleichartig;

In ihrem kleinen, reinlichen Zimmer, dessen Möbel mit hellgeblümtem Kattun überzogen waren, erwachte Tony am nächsten Morgen mit dem angeregten und freudigen Gefühl, mit dem man in einer neuen Lebenslage die Augen öffnet. (Th. Mann)

2. aus einem Hauptsatz und mehreren Nebensätzen, die einander untergeordnet sind und deshalb als Nebensätze ersten, zweiten, dritten usw. Grades auftreten;

Pauls Frau hatte sich immer, solange ihr Sohn noch daheim war, jung gemacht, damit die Leute nicht merkten, daß sie viel älter als ihr Mann war. (A. Seghers)

Als er das Flugblatt in seine Uniform steckte, da wußte er, endlich hatte ihn der gefunden, den er unruhig und unbewußt suchte. (A. Seghers)

3. aus mehreren Satzgefügen, deren Hauptsätze einander beigeordnet sind, oder einem einfachen Satz und einem Satzgefüge.

Sie gucken im Weggehen die Taube an, und jemand fragt, ob es zu etwas nützt, daß er sie an den Wagen klebt. (A. Seghers)

Am Ende des Juli traf Thomas wieder in der Mengstraße ein und besuchte, gleich den übrigen Herren, die in der Stadt geschäftlich in Anspruch genommen waren, seine Familie einige Male am Meere, während Christian sich daselbst vollkommene Ferien gemacht hatte, denn er klagte über einen unbestimmten Schmerz im linken Bein, mit dem Doktor Grabow durchaus nichts anzufangen wußte, und über den Christian daher desto eingehender nachdachte... (Th. Mann)

Anmerkung. Mehrfach zusammengesetzte Sätze dieser Art werden zuweilen auch Satzperioden genannt.

§ 389. Wenn in einem mehrfach zusammengesetzten Satz ein Nebensatz in einen anderen Nebensatz eingeschoben wird, so entsteht der sogenannte Schachtelsatz.

Wer aber, seitdem er sie zum ersten Male auf der Straße erschaut, Thomas Buddenbrooks Braut mit einer ingrimmigen Begeisterung verehrte, das war der Makler Gosch. (Th. Mann)

Seine Tochter befand sich in der Provence, wo sein Schwiegersohn, den er zum Steuereinnehmer von Paris gemacht hatte, ein Schloß besaß. (W. Bredel)

Die Schaltsätze

§ 390. Der Schaltsatz ist ein Satz, der in einen anderen Satz eingeschoben wird, ohne daß er dabei in eine grammatische Beziehung zu diesem tritt. Auch inhaltlich sind die beiden Sätze recht lose miteinander verbunden. Der Schaltsatz kann eine beiläufige Bemerkung des Sprechenden (oft mit modaler Färbung), eine emotionale Einschätzung der Äußerung enthalten, oder er gibt Näheres über Personen, Dinge, Vorgänge usw. an.

Der Schaltsatz wird durch Pausen innerhalb des anderen Satzes abgesondert und im Tiefton gesprochen. Graphisch wird er durch Kommas, Gedankenstriche oder Klammern vom anderen Satz getrennt.

Die Zuhörer — es waren ihrer nicht viele, zumeist Herren und Damen des Hochadels — verloren sich in dem weiten Saal... (L. Feuchtwanger)

Heinrich, das wußte sie, war ein braver Junge, guter Eltern Sohn... (A. Seghers)

„Darf ich einmal fragen, gnädige Frau (aber es ist wohl naseweis), wie Sie heißen, wie eigentlich Ihr Name ist?“ (Th. Mann)

Die Schaltsätze können die Form eines selbständigen Satzes (zuweilen mit einer beiordnenden Konjunktion) oder die eines Nebensatzes haben; manchmal tritt ein Schaltsatz in der Form eines zusammengesetzten Satzes auf.

...voll tiefer Rührung gestand er sich nun ein — und flüsterte dabei laut vor sich hin —, wie diese Liebe, diese Zärtlichkeit und Hinneigung in ihm doch schon lange... lebendig waren. (B. Uhse)

Der unbekannte Soldat, er trug die graugrüne Uniform der Jäger, schritt schnell quer über den Hof... (W. Bredel)

Alle bisherige Gesellschaft beruhte, wie wir gesehen haben, auf dem Gegensatz unterdrückender und unterdrückter Klassen. (K. Marx/F. Engels)

Rasch, so rasch seine zitternden Beine es zuließen — immer war es ihm beim Hinabsteigen der Treppe, als stürze er in einen Abgrund —, folgte er den harten raschen Schritten... (B. Kellermann)

Anmerkung. Nicht nur Sätze, sondern auch Wörter bzw. Wortgruppen können mitten in den Satz eingeschoben werden. Man nennt sie Schaltwörter bzw. Schaltgruppen. Dazu gehören: Wörter und Wendungen wie bitte, gesetzt der Fall, unter uns gesagt, letzten Endes, meinetwegen, von mir aus u. a. m.

Es klopfte. „Herein, bitte!“ (W. Bredel)

Er hatte, wie gesagt, jetzt jede kaufmännische Tätigkeit fahrenlassen... (Th. Mann)

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Vorwort
Einleitung
Morphologie
Die grammatischen Formen des Wortes
Kapitel I. Die Wortarten
Kapitel II. Das Substantiv
Kapitel III. Der Artikel
Kapitel IV. Das Adjektiv
Kapitel V. Das Pronomen
Kapitel VI. Das Numerale
Kapitel VII. Das Verb
Kapitel VIII. Das Adverb
Kapitel IX. Das Modalwort
Kapitel X. Die Präposition
Kapitel XI. Die Konjunktion
Kapitel XII. Die Partikel
Kapitel XIII. Die Interjektion
Syntax
Kapitel I. Der Satz
Kapitel II. Die Wortgruppen
Kapitel III. Die Hauptglieder des Satzes
Kapitel IV. Die Nebenglieder des Satzes
Kapitel V. Die gleichartigen Satzglieder
Kapitel VI. Schwankungsfälle bei der Bestimmung von Satzgliedern
Kapitel VII. Die Absonderung
Kapitel VIII. Die Wortfolge (Wortstellung) im einfachen erweiterten Satz
Kapitel IX. Die Anrede
Kapitel X. Der zusammengesetzte Satz
Kapitel XI. Die Zeichensetzung
Anhang
A. Vokalkürze und Vokallänge
B. Die Bezeichnung gleicher oder ähnlicher laute durch verschiedene Buchstaben
C. Die Anfangsbuchstaben
D. Die Schreibung von Fremdwörtern
E. Die Silbentrennung
Quellennachweis zu den belegen


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